Rolle der Medien im Genozid an den Palästinensern

Aktionswoche „Es begann nicht am 7. Oktober“ des Kufiya-Netzwerks

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Viele Fragen zu den Ereignissen vom 7. Oktober bleiben weiterhin ungeklärt, da Israel unabhängige Untersuchungen der Geschehnisse verweigert. Eine zusätzliche Herausforderung bei der Bewertung des 7. Oktober stellt die Berichterstattung internationaler, insbesondere westlicher Medien dar. Diese haben die Aussagen israelischer Behörden und unsicherer Quellen oft ungeprüft übernommen und zahlreiche Geschichten verbreitet, die sich im Nachhinein als falsch herausgestellt haben. Berichte und Aussagen über den Beschuss eigener Soldaten und Zivilisten durch die israelische Armee werden hingegen kaum beachtet.

Im Zusammenhang mit dem 7. Oktober muss von einer Propagandakampagne gesprochen werden, die einerseits dazu dient, den erbarmungslosen Rachefeldzug in Gaza zu rechtfertigen und andererseits das systematische Abschlachten der Palästinenser verschweigt, sodass der aktuell stattfindende Genozid keine Erwähnung findet. Deutsche Medien spielen in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle bei der Rechtfertigung und Verschleierung des Völkermords an den Palästinensern, wie im folgenden Text erläutert wird.

Das ARD-Glossar zur Berichterstattung über den „Nahostkonflikt“

Am 18. Oktober 2023, nur elf Tage nach dem 7. Oktober, beschloss die ARD ein internes Glossar, das die Sprache der Redaktionen zum “Nahostkonflikt” regeln soll. Ziel ist es, die Berichterstattung zu vereinheitlichen und ein bestimmtes politisches Bild zu vermitteln.

Das Glossar weist darauf hin, dass Begriffe wie “Gewaltspirale” oder “Eskalation in Nahost” vermieden werden sollen, während stattdessen Formulierungen wie “Angriff aus Gaza auf Israel” oder “Terrorangriffe auf Israel” verwendet werden sollen. Dies zielt darauf ab, die Vorgeschichte des 7. Oktober, nämlich die völkerrechtswidrigen Angriffe auf Gaza (Blockade, regelmäßige Bombardierungen sowie die systematische Ermordung unter anderem von Frauen, Kindern, Journalisten und medizinischem Personal) zu verschweigen.

Weiterhin soll der völkerrechtlich legitime Widerstand gegen die israelische Besatzung (Resolution 3103 (XXVIII) der UN-Generalversammlung 1973) als Terrorismus diffamiert werden, um das Abschlachten der Palästinenser zu legitimieren. So heißt es im Glossar: „Wie bereits von der Chefredaktion festgelegt, sollten wir nicht euphemistisch von Hamas-Kämpfern, sondern von Terroristen schreiben und sprechen“. Das Glossar legt zudem fest, dass „die Hamas den aktuellen Konflikt begonnen hat“ und stets betont werden müsse, „dass es sich [bei israelischen Angriffen] überwiegend um militärische Ziele handelt.“ Obwohl bei den Angriffen auf Gaza Zehntausende Palästinenser sterben, soll die Lesart der israelischen Armee unkritisch übernommen und der Genozid medial gerechtfertigt werden. Es überrascht daher nicht, dass fast jeder Zweite wenig oder gar kein Vertrauen in die deutsche Berichterstattung zum “Krieg in Nahost” hat, wie eine Umfrage von Infratest Dimap für das NDR-Medienmagazin ZAPP vom 28. August 2024 zeigt.

Neben der Übernahme der israelischen Darstellung in den deutschen Medien dient die systematische Verbreitung von Falschnachrichten dazu, das Vorgehen des israelischen Militärs ungeachtet des Genozids an den Palästinensern stetig zu rechtfertigen.

Der 7. Oktober und die Hannibal Direktive

Als Reaktion auf den Ausbruch der palästinensischen Widerstandsgruppen aus dem größten Freiluftgefängnis der Welt am 7.Oktober aktivierte die israelische Armee die sogenannte “Hannibal Direktive”. Diese sieht vor, dass um jeden Preis verhindert werden muss, dass israelische Soldaten in Gefangenschaft geraten. Der Beschuss der eigenen Soldaten ist erlaubt, ihr Tod wird damit in Kauf genommen. In der Vergangenheit wurde bei der Umsetzung der Direktive bereits massive Bombardierung eingesetzt. Wie die israelische Tageszeitung Haaretz im Juli berichtete, gab es am 7. Oktober zahlreiche Befehle zur Umsetzung der Hannibal-Direktive, darunter dem Befehl: “Nicht ein einziges Fahrzeug darf nach Gaza zurückkehren.” Auch der Tod von Siedlern wurde dabei in Kauf genommen.

Haaretz berichtet, dass die gesammelten Daten darauf hindeuten, dass “viele der entführten Menschen in Gefahr waren [getroffen zu werden], weil sie israelischen Schüssen ausgesetzt waren”. Überlebende aus dem Kibbuz Be’eri berichteten, dass nach stundenlangen Schusswechseln zwischen palästinensischen Kämpfern und israelischer Armee ein israelischer Panzer das Haus beschoss, in dem sich die Kämpfer mit Bewohner*innen des Kibbuz verschanzt hatten. Dabei wurden 13 Israelis getötet, darunter Kinder.

Bilder und Videos zeigen das Ausmaß der Zerstörung in den Kibbuzim und deuten auf weitere Fälle von Panzer-, Artillerie- und Raketenbeschuss auf die Häuser hin. Hochrangige Militärangehörige gaben in israelischen Medien zu, dass es an Informationen mangelte und aus Kampfhubschraubern auf Menschen geschossen wurde, ohne zu wissen, wer getroffen wurde.

Ein weiterer Punkt, der Fragen aufwirft, ist die anfängliche Zahl der getöteten Israelis, die zunächst mit 1.400 angegeben wurde und später auf 1.200 korrigiert wurde, da 200 verbrannte und teilweise misshandelte Leichen fälschlicherweise für Israelis gehalten wurden, obwohl es Palästinenser waren. Da es keine unabhängige Untersuchung gibt, ist es nicht möglich zu sagen, wie viele Menschen insgesamt auf israelischer Seite durch israelischen Beschuss getötet oder verletzt wurden.

Die Baby-Story

Eine der am weitesten verbreiteten Falschmeldungen ist die Geschichte von den 40 enthaupteten Babys. Bereits am 12. Oktober gab die israelische Regierung gegenüber CNN zu, dass sie die Geschichte über die Babys nicht bestätigen könne. Obwohl mehrmals betont wurde, keine Informationen zur Bestätigung dieser Geschichte zu haben, wurde sie weiterhin durch israelische Armeesprecher verbreitet. Die offiziellen Angaben der israelischen Regierung sind widersprüchlich und unklar. Als die französische Tageszeitung Le Monde die israelische Botschaft in Frankreich kontaktierte, um die Berichte über die Babys zu hinterfragen, wurden die entsprechenden Tweets gelöscht mit dem Hinweis „auf Ungenauigkeit“. Zugleich hob die Botschaft hervor, dass „die ersten Stunden und Tage [nach dem 7. Oktober] von erheblichem Chaos und großer Ungewissheit geprägt waren, selbst bei den Informationen, die die offiziellen Kanäle erreichten.“

Die pro-israelische Berichterstattung stützt sich oft auf einen Artikel der israelischen i24News. Was jedoch nicht erwähnt wird, ist, dass der Artikel am 30. November korrigiert und die Informationen über die 40 Babys entfernt wurden. Die ursprünglichen Angaben stammten überwiegend von Soldaten oder Mitarbeitern der zionistischen Such- und Rettungsorganisationen ZAKA und United Hatzalah. In einem öffentlichen Treffen mit ZAKA-Mitgliedern am 23. November 2023 betonte Netanyahu die wichtige Rolle dieser Organisationen bei der Verbreitung israelischer Propaganda in der Weltöffentlichkeit sowie die Beeinflussung der Meinung von politischen Führern. Am 4. Dezember veröffentlichte Haaretz einen Artikel, der die widersprüchlichen und falschen Angaben dieser Organisationen aufdeckte und die Geschichte der 40 Babys als Lügengeschichte entlarvte.

Vorwurf der systematischen Vergewaltigung

Eine weitere Lügengeschichte, die von Israel verbreitet und von den deutschen Medien unkritisch aufgegriffen wird, ist der angebliche systematische Einsatz sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Vergewaltigung als Waffe. Die unabhängige Untersuchungskommission der UN für die illegal besetzten palästinensischen Gebiete, die Menschenrechts- und Kriegsverbrechen untersucht, bot Israel unmittelbar nach dem 7.Oktober Israel eine Untersuchung an, die jedoch abgelehnt wurde. Trotz dieser Ablehnung wirft die israelische Regierung der UN und anderen internationalen Organisationen heute vor, die Vorwürfe sexualisierter Gewalt zu ignorieren.

Häufig stützen sich die Medien auf einen Artikel der New York Times von Ende Dezember 2023, in dem die Vorwürfe erhoben und verbreitet wurden. Bis heute verbreiten vor allem westliche Politiker wie Baerbock, Biden oder Harris diese Anschuldigungen und behaupten, Beweise dafür mit eigenen Augen gesehen zu haben.

Diese Beweise wurden jedoch nicht erbracht, viele Zeugenaussagen wurden nachträglich als falsch widerlegt, und es wurde kritisiert, dass viele der sogenannten Zeugen bereits zuvor durch Falschaussagen aufgefallen sind. Zudem stützen sich die Vorwürfe nicht auf forensische Beweise, die im Rahmen einer unabhängigen Untersuchung überprüft werden könnten – eine Untersuchung, die jedoch von Israel abgelehnt wird. In einem im Mai 2024 veröffentlichten Statement der Organisation Physicans for Human Rights Israel wird dargelegt, dass einige Zeugenaussagen umstritten und nicht verifizierbar sind. Auch wird festgestellt, dass die israelische Regierung Berichte über sexualisierte Gewalt in einer manipulativen Art und Weise instrumentalisiert.

Einerseits fehlt es an einer unabhängigen Untersuchung dieser Vorwürfe, da Israel diese blockiert, andererseits bestehen erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen, die diese Anschuldigungen stützen. Gleichzeitig ist der Einsatz sexualisierter Gewalt und der systematische Einsatz von Vergewaltigung als Waffe durch israelische Soldaten gegen Palästinenser bereits vor dem 7. Oktober mehrfach dokumentiert worden.

Im Jahr 2015 veröffentlichte die israelische Menschenrechtsorganisation Public Committee Against Torture in Israel die Ergebnisse einer Untersuchung aus den Jahren 2005 bis 2012. Die Ergebnisse zeigten, dass der Einsatz sexualisierter Gewalt gegen palästinensische Gefangene einer Systematik folgt. Am 5. August in diesem Jahr veröffentlichte die UN einen Bericht der Sonderberichterstatter in den besetzten palästinensischen Gebieten. Der Bericht wirft Israel massive und systematische Menschenrechtsverletzungen an palästinensischen Gefangenen vor, unter anderem durch den Einsatz sexualisierter Gewalt.

Die von israelischen Soldaten durchgeführte und dokumentierte Gruppenvergewaltigung eines palästinensischen Gefangenen im Gefängnis Sde-Teiman ist dabei laut UN-Bericht nur die Spitze des Eisbergs. Dass diese bestialische und unmenschliche Gruppenvergewaltigung von dem israelischen Minister für nationale Sicherheit (Ben-Gvir) verteidigt und glorifiziert wurde, verdeutlicht die Systematik hinter der israelischen Politik, sexualisierte Gewalt gegen Palästinenser auszuüben. Ben-Gvir hatte, nachdem die beteiligten Soldaten im Gefängnis von der Militärpolizei unter Arrest gestellt wurden, mit einem rechten Mob das Gefängnis gestürmt und versucht die Vergewaltiger zu befreien. m 18. August veröffentlichte das israelische Institut für nationale Sicherheitsstudien die Ergebnisse einer Umfrage, in der unter anderem nach den Konsequenzen für die Vergewaltiger gefragt wurde. Zwei Drittel der Befragten, also 65 %, sprachen sich gegen Strafen für die Vergewaltiger aus. Stattdessen wurden diese von Würdenträgern geehrt und traten mehrfach im israelischen Fernsehen auf. Dieses schockierende Ergebnis spiegelt die weit verbreitete politische Haltung in Israel wider, die Palästinenser als minderwertig ansieht, gegen die jede Form von Gewalt legitim erscheint.

Die deutschen Medien berichten über diesen systematischen Einsatz sexualisierter Gewalt gegen Palästinenser entweder gar nicht oder deutlich weniger als über die bereits widerlegten Lügengeschichten vom 7. Oktober. Die Rolle der Medien besteht somit einerseits darin, die Palästinenser als die Bösen und Israel als die Guten darzustellen, was gleichzeitig eine Rechtfertigung für Menschenrechts- und Kriegsverbrechen an den Palästinensern liefert. Andererseits wird über die bereits vor dem 7. Oktober begangenen Menschenrechts- und Kriegsverbrechen an den Palästinensern systematisch geschwiegen oder nur am Rande berichtet.

Es wird deutlich, dass die israelische Armee all diese Lügengeschichten benötigt, um ihren brutalen Genozid an den Palästinensern zu rechtfertigen. Dass deutsche Medien diese Lügen einerseits unkritisch reproduzieren und andererseits über die Zehntausenden getöteten Kinder in Gaza kaum berichten, verdeutlicht einmal mehr die Rolle der deutschen Medien beim Genozid in Gaza.

Es liegt daher auch in der Verantwortung der Leser, die von den Medien verbreiteten Nachrichten über Palästina stets kritisch zu hinterfragen und sich stattdessen umfassend aus unabhängigen Quellen zu informieren.

Gaza – der tödlichste Ort für Journalisten weltweit

Aktionswoche „Es begann nicht am 7. Oktober“ des Kufiya-Netzwerks

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In den vergangenen neun Monaten wurden in Palästina mehr als 100 Journalisten durch die israelische Armee getötet. Der israelische Genozid in Gaza und den besetzten palästinensischen Gebieten stellt laut dem Committee to Protect Journalists (CPJ) die tödlichste Angriffsserie auf Journalisten seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1992 dar.

Die zunehmende Zerstörung der Infrastruktur und die katastrophale humanitäre Lage erschweren eine genaue Erfassung der Opferzahlen. Doch bereits jetzt ist klar, dass mit 116 laut CPJ oder sogar 140 getöteten Journalisten, wie das Palestinian Journalist Syndicate (PSJ) angibt, mindestens 10 Prozent der palästinensischen Medienschaffenden ausgelöscht wurden

Gezielte Tötungen und systematische Zerstörung

Das CPJ untersucht derzeit über 130 Fälle mutmaßlicher Tötungen. Insgesamt laufen Untersuchungen zu mehr als 500 israelischen Angriffen auf palästinensische Journalisten. Diese umfassen 35 Verletzte, 2 Vermisste, 54 Verhaftungen – davon sind 36 Journalisten weiterhin inhaftiert – sowie Drohungen, Körperverletzung, Cyberangriffe, Zensur und die Ermordung von Familienmitgliedern. Mindestens fünf der dokumentierten Todesfälle durch das CPJ waren gezielte Tötungen.

Reporter ohne Grenzen dokumentierte in mindestens 29 Fällen Verstöße gegen internationales Recht und hat bereits drei Klagen beim Internationalen Strafgerichtshof eingereicht, um Israels Vorgehen gegen palästinensische Journalisten zu ahnden.

Israel weist jede Verantwortung für gezielte Tötungen zurück. Oft rechtfertigt die israelische Seite das Töten von Medienschaffenden mit Terrorismusvorwürfen, wie im Fall der beiden Al-Jazeera-Journalisten al-Ghoul und al-Refee, die während ihrer Berichterstattung im Shati-Flüchtlingslager getötet wurden. Das israelische Militär behauptet, sie seien Mitglieder der Al-Qassam-Brigaden der Hamas gewesen. Irene Khan, UN-Sonderberichterstatterin für Meinungsfreiheit, wies diese Anschuldigungen jedoch entschieden zurück und betonte, dass Israel keine ausreichenden Beweise für eine Verbindung zwischen den Journalisten und militanten Gruppen vorgelegt habe.

Auch die Zerstörung journalistischer Infrastruktur wird systematisch vorangetrieben, wie Aufnahmen von Agence-France-Presse und Press House zeigen. Bisher wurden 73 Medienhäuser vollständig oder teilweise zerstört.

Ein altbekanntes Muster

Die gezielte Tötung von Journalisten durch die israelische Besatzungsmacht ist Teil eines langjährigen, gut dokumentierten Musters. Laut CPJ wurden in den letzten 22 Jahren mindestens 20 Journalisten gezielt von Israel getötet – ohne jegliche strafrechtlichen Konsequenzen. Stattdessen herrscht ein „Ermittlungstheater“, wie Hagai El-Ad von der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem es nennt: Das Militär erklärt, die Truppen hätten in Angst gehandelt oder seien angegriffen worden, und der Fall wird intern abgehandelt. Terrorismusvorwürfe sind ein ständiges Thema, Zeugenaussagen werden systematisch als unzuverlässig abgetan, und letztlich enden die seltenen Prozesse stets mit Freisprüchen.

Auch die absichtliche Zerstörung von Medieninfrastruktur ist nichts Neues. Allein im Jahr 2021 zerstörte Israel 20 Medienbüros in Palästina.

Verwechslung ausgeschlossen

Das häufig vorgebrachte Argument des israelischen Militärs, man habe nicht gewusst, dass es sich bei den Zielen um Journalisten handelte, ist laut Carlos Martínez de la Serna vom CPJ unhaltbar: Israel habe vollständige Kenntnis über Gaza. Schon lange vor dem Angriff im Oktober 2023 wurde das Gebiet durch Drohnen intensiv überwacht und ausgeforscht. Asa Kasher, der 1994 den ethischen Verhaltenskodex des israelischen Militärs verfasste, betont: „Wenn ein Journalist eine klare Pressemarkierung trägt, ist dies für Drohnenpiloten zweifelsfrei erkennbar.“ Diese Aussage wurde bereits von drei Drohnenpiloten bestätigt.

Das Schweigen der deutschen Medien

Wie schon bei vielen anderen Gräueltaten, die Israel im vergangenen Jahr an der palästinensischen Bevölkerung verübte, schwiegen große Teile der deutschen Medienlandschaft auch zur beispiellosen Ermordung ihrer eigenen Kollegen. Deutsche Medien beteiligten sich weder an einem offenen Brief von über 70 Medienorganisationen, die internationalen Zugang zu Gaza forderten, noch an einem Brief europäischer Medienorganisationen, in dem Josep Borrell, der Vizepräsident der Europäischen Kommission, aufgefordert wurde, Journalisten in Gaza zu schützen. Einige deutsche Medien gingen sogar weiter und diffamierten die getöteten Journalisten. So konnte man im Liveblog der Tagesschau zur Tötung von al-Ghoul und al-Refee lesen: „Israel: Getöteter Journalist war Hamas-Kämpfer.“

Selbst in den wenigen Medien, die positive Ausnahmen darstellten, wie etwa die Solidaritätsbekundungen von SPIEGEL, taz und Süddeutscher Zeitung oder die Teilnahme von SPIEGEL und ZDF am „Gaza Project“, überwog das Schweigen. Oft wurden unkritisch Berichte der dpa übernommen, die sich ausschließlich auf israelische Behördeninformationen stützten. Hoffnung gibt jedoch eine neue Initiative deutscher Journalist, die sich für Pressefreiheit im Gaza-Krieg stark machen.

Ob ihre Forderungen, wie „Keine ungeprüfte Übernahme von Darstellungen von Kriegsparteien! Stattdessen: Quellenvielfalt, Einbettung in den historischen und politischen Kontext, Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit palästinensischem Journalisten“, durchgesetzt werden, bleibt abzuwarten.

The history of Palestine did not begin on October 7, 2023!

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The history of Palestine did not begin on October 7, 2023!
Prior to October 7, there were more than 100 years of Zionist settler colonialism in Palestine, 56 years of Israeli occupation of the Gaza Strip, 16 years of a brutal blockade against Gaza, and repeated bombings since 2008.
Western media, in particular, often ignore this context and spread the propaganda of the Israeli occupation. The expulsion and massacres that the occupying power Israel has inflicted on the Palestinian people since the Nakba of 1948 have reached their highest level of escalation since October 7. This approach demonstrates that the settler-colonial state of Israel aims for the eradication of the Palestinian people.
Israel has killed at least 40,000 people through bombings and approximately 200,000 through hunger, diseases, and lack of medical care due to the genocidal blockade.
At the same time, a propaganda war has been launched: The historical context of October 7 is being ignored, and long-debunked lies about atrocities committed by Palestinian fighters are being spread to dehumanize Palestinians, delegitimize their resistance, and ultimately justify the genocide in Gaza.
Germany supports this genocide through its foreign and domestic policies. Externally, this complicity is manifested in arms deliveries and political support for Israel.
Domestically, Germany is conducting a massive repression campaign against Palestine solidarity protests and organizations. Arrests, police violence, state surveillance, political dismissals, house searches, the banning of organizations, the freezing of bank accounts, repression at universities, and uniform media reporting are glaring expressions of the colonial continuity of the German state and societal institutions.
We cannot stand by idly during a genocide and will not participate in it. The Israeli occupation is destroying all educational institutions, hospitals, residential areas, and any infrastructure that serves as a basis for the Palestinians’ livelihood. Its goal
is the annihilation of Gaza and the extermination
of the Palestinian people.
We, the Kufiya Netzwerk, call on Palestinian groups and Palestine solidarity groups and structures across Germany to take to the streets and organize actions during the week of September 30, 2024, through October 7, 2024.
We will focus on placing October 7, 2023, in its historical context and highlighting the misleading role of German media. We oppose the spread of misinformation and the relativization of Israeli war crimes by German media and politics. For the action week, we will provide various informational materials and suggest action ideas as we urge all solidarity groups and individuals to join us!
As a broad and united movement, we stand against genocide, for an end to the occupation, and for a free Palestine.

Nie wieder gilt für alle! Aufruf zur Teilnahme an der Friedensdemonstration am 3. Oktober in Berlin

Aufruf zur Beteiligung aller palästinasolidarischen Gruppen an der bundesweiten Friedensdemonstration am 3. Oktober in Berlin: Nein zu Krieg und Hochrüstung! Ja zu Frieden und internationaler Solidarität.
3. Oktober, 12:30, Gleisdreieck/Schöneberger Ufer

NIE WIEDER GILT FÜR ALLE!

Wir, die palästinasolidarische Bewegung unterstützen die bundesweite Friedensdemo am 3. Oktober und rufen alle palästinasolidarischen Ortsgruppen auf: nach Berlin zu fahren und einen Palästinablock auf der Demo zu bilden:  Israel vernichtet Gaza und seine Bevölkerung. Die Waffen für diesen Völkermord liefern Deutschland und die USA.

Um von der Beteiligung Deutschlands am Genozid abzulenken, werden systematisch die Versammlungs-, Organisations-, Presse-,  und Wissenschaftsfreiheit eingeschränkt:  Proteste für einen Waffenstillstand sollen zum Schweigen gebracht werden. 

In unserem Kampf für die bedingungslose Verteidigung der Menschenrechte für Alle stehen wir an der Seite der Friedensbewegung. 

Mehr als 40.000 Palästinenser:innen wurden durch das israelische Militär im Gazastreifen getötet. Über 90000 Menschen wurden verletzt. Sämtliche Infrastruktur, Krankenhäuser, Universitäten, Schulen, Verwaltungsgebäude und Wohnblocks wurden zerstört.   

In Gaza starben seit Oktober 2023 mehr Kinder als in allen weltweiten Konflikten von 2019 bis 2022. Fast alle Bewohner:innen Gazas wurden aus ihren Wohnorten vertrieben. Mehr als eine Million Menschen leiden an schwerem Hunger. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser und Medizin ist unterbrochen. Israel kontrolliert alle Grenzübergänge und lässt fast keine Hilfslieferungen zu. 

Die Ermordung Zehntausender, die Vertreibung Hunderttausender, der komplette Entzug von Nahrung, Wasser und Strom und die Vernichtung des kulturellen Erbes und sämtlicher Infrastruktur  konstituieren einen Genozid.

Die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens soll entweder getötet, für immer eingesperrt oder zur Flucht nach Ägypten oder in andere Länder getrieben werden.

Unbemerkt von westlichen Mainstream-Medien hat die israelische Regierung mittlerweile auch eine Großoffensive in den besetzten Gebieten, – dem Westjordanland – begonnen. 

Israel hat 2024 so viel Boden im Westjordanland zu staatlichem Land erklärt, wie in den vergangenen 30 Jahren nicht. Beinahe 24 Kilometer wurden illegal annektiert. 6000 Gebäude sollen in israelischen Siedlungen gebaut werden und 9 Außenposten wurden neu errichtet. 676 Palästinenser sind im Westjordanland getötet worden. 5400 Menschen wurden verletzt und 10300 Palästinenserinnen wurden verhaftet. 

Die israelische Kriegführung zielt auf die Zerstörung der palästinensischen Nation und ist eine Fortsetzung der 1948 begonnen Nakba (Katastrophe). 

Unsere Forderungen 

  • Sofortiger, dauerhafter Waffenstillstand inklusive eines sofortigen und dauerhaften Abzugs der israelischen Armee aus dem Gazastreifen und den besetzten Gebieten.Umsetzung der palästinensischen Forderungen eines dauerhaften gerechten Friedens. Vollständige Aufarbeitung aller begangener Kriegsverbrechen. Reparationen Israels, Deutschlands und weiterer Verbündeter an das palästinensische Volk für die begangenen Verbrechen
  • Einseitige atomare und konventionelleAbrüstung der USA, der EU und Israels als Voraussetzung einer Entspannungspolitik im Nahen Osten und weltweit. Keine Modernisierung der Atomwaffen in Deutschland und keine atomare Teilhabe! Keine Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland.
  • Sofortige Aufhebung jeglicher Beschränkungen humanitärer Hilfe nach Gaza und die volle Ausfinanzierung der UNRWA. Öffnung aller Grenzübergänge von Rafah bis Allenby. Ende der Apartheidpolitik. 
  • Sofortige Einstellung jeglicher militärischer, diplomatischer und wirtschaftlicher Unterstützung Israels durch den deutschen Staat sowie ein umfassendes Militärembargo. Rückzug der Bundeswehr, der US-Armee und aller NATO-Truppen aus dem Roten Meer und dem Nahen Osten! Nein zu Aufrüstung und Sondervermögen der Bundeswehr für den Krieg!
  • Nein zu der Verwendung der zionistischen IHRA-Definition durch jegliche Institutionen oder staatliche Behörden, nein zur Legitimierung des Genozids im Schulunterricht. Stoppt die Exmatrikulation von Studierenden und Entlassungen von Lohnabhängigen, die sich mit Palästina solidarisieren!
  • Schluss mit der Kriminalisierung und Repressionen der Palästina-Solidaritätsbewegung in Deutschland. Sofortiger Stopp jeder Kriminalisierung palästinensischer Organisationen und Individuen sowie aller Abschiebungen. Öffnung der Grenzen und Aufnahme aller Geflüchteten bei vollem Recht auf Wohnen, Bildung und Arbeit.
  • Durchsetzung des Rückkehrrechts der palästinensischen Geflüchteten sowie Ende des seit über 76 Jahren andauernden zionistischen Siedlerkolonialismus und ethnischer Säuberung des gesamten besetzten Palästinas.

Wir verurteilen die Sperrung von Resistance News Network!

Am 23. August 2024 wurde der Telegram-Kanal des Resistance News Network (RNN) in der EU gesperrt. Als bundesweites Bündnis, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Abbau von demokratischen Grundrechten im Zusammenhang mit Palästina in Deutschland zu bekämpfen, verurteilen wir diesen neuerlichen Angriff auf (pro-)palästinensische Stimmen in aller Deutlichkeit!

Zwar wurde dieses Verbot offenbar auf EU-Ebene durchgeführt – denn wir wissen von Genossen auch aus anderen EU-Mitgliedsstaaten, dass RNN bei ihnen seit dem 23.8. gesperrt ist –, doch wissen wir auch, dass die BRD neben Frankreich die dominierende Kraft in der Europäischen Union ist. Außerdem gibt es zwar in vielen EU-Staaten teils massive Repression gegen die Palästinasolidaritätsbewegung und gegen Palästinenser. Allerdings kommt es in Deutschland seit dem 7. Oktober 2023 zu den mit Abstand krassesten Einschränkungen und Attacken auf Grundrechte. Der Verdacht liegt also nahe, dass die Sperrung von RNN auf eine deutsche Initiative zurückgeht.

Ganz unabhängig davon, von wem letztlich die Initiative ausging: Es bleibt die Tatsache, dass es sich um einen weiteren massiven Angriff auf pro-palästinensische Stimmen in Deutschland und ganz Europa handelt. RNN lieferte regelmäßig ins Englische übersetzte Eilmeldungen und Statements des palästinensischen Widerstands. Daher ist der Channel nicht nur für viele Menschen auf der ganzen Welt, sondern auch für internationale Medien eine wichtige Informationsquelle. Diese Quelle wurde den Menschen in Deutschland und der EU nun genommen.

Daher handelt es sich um nichts anderes als um einen Angriff auf unser aller Informationsfreiheit. Uns soll die Möglichkeit genommen werden, uns über alternative Medien zu informieren und uns direkt mit palästinensischen Quellen auseinanderzusetzen. So sollen wir der vor allem in Deutschland vollkommen einseitigen und häufig von offener Propaganda gekennzeichneten pro-israelischen Berichterstattung der Staats- und Mainstreammedien ausgeliefert werden.

Dem werden wir uns nicht fügen: Dank VPN können Sperren umgangen werden. Und noch gibt es kein Gesetz, das den Konsum von „Feindmedien“ verbietet. Es reicht aber nicht, die immer weiter voranschreitenden Verbote zu umgehen, sondern wir müssen sie auch politisch bekämpfen!

Hände weg von der Medien- und Informationsfreiheit!
Weg mit dem verbot von RNN!

Nein zum IZH Verbot! Verteidigen wir gemeinsam unsere Grundrechte!

Vergangene Woche hat das Bundesinnenministerium unter Leitung von Nancy Fieser (SPD) mehrere schiitische Gemeinden und Einrichtungen in ganz Deutschland verboten. Im Fokus stand dabei das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), dem Verbindungen zu staatlichen Stellen im Iran und zu schiitischen Kräften im Libanon vorgeworfen werden.

Als Kufiya Netzwerk haben wir uns gegründet, um gegen die Angriffe, die im Zusammenhang mit Palästina auf unser aller demokratischen Grundrechte durchgeführt werden, zu kämpfen. Daher verurteilen wir auch das IZH-Verbot aus folgenden Gründen entschieden:

1. Es reiht sich ein in eine Reihe von Vereins- und Betätigungsverboten, die seit Oktober 2023 gegen Organisationen forciert werden, die sich in verschiedenen Formen für die Interessen der Palästinenser einsetzen. Dabei dienen stets dieselben haltlosen Vorwürfe: Antisemitismus, Terrorunterstützung, Störung der Völkerverständigung usw.

2. Außerdem ist es ein dezidiert islamfeindlicher Akt, auch wenn Faeser das leugnet. Jeder staatliche Angriff auf Muslime und Moscheen ist im Kontext des seit 2001 in diesem Land grassierenden und von staatlichen Stellen, Leitmedien usw. angefeuerten antimuslimischen Rassismus’ zu sehen.

3. Und nicht zuletzt handelt es sich um einen krassen Eingriff in die Religionsfreiheit. Denn hier wurde nicht einfach irgendeine sich islamisch nennende Kleingruppe verboten, sondern mehrere Religionsgemeinschaften, die hunderte oder tausende Gläubige vereinten.

Wir wissen, dass die Repressionsbehörden bei jedem Verbot immer auch darauf setzen, die palästinasolidarische Bewegung sowie weitere demokratische, internationalistische und Friedenskräfte zu spalten. Dem erteilen wir eine Absage: Unsere Solidarität ist unsere stärkste Waffe gegen ihre Repression, ihre Willkür und ihre Propaganda!

Versammlungs-Leitfäden

Wir haben einige Leitfäden rund um das Thema Versammlungen erstellt.

Hier der Link.

Es geht um Anmeldung, Kooperationsgespräch, Auflagen, Verbot, Eilverfahren, Ordner.

Sie sind als praktische Hilfestellung gedacht und sollen dabei helfen, Versammlungen zu organisieren und unsere Grundrechte durchzusetzen. Wir wollen diese Leitfäden nach und nach weiter entwickeln.

Schaut euch gerne die Leitfäden an und gebt uns Rückmeldung an unsere Emailadresse.

From the River to the Sea – Hausdurchsuchungen trotz gegenteiligem Gerichtsurteil!

Sieg vor Landesgericht Mannheim: „From the River to the Sea – Palestine will be Free” ist legitime Meinungsäußerung!

Zeitgleich: BKA durchsucht Wohnungen von Personen, die den Ausspruch online verwendet haben sollen!

Zunächst ein Sieg: Ein weiteres Gericht hat ein bedeutendes Urteil zum Spruch „From the River to the Sea – Palestine will be Free“ (FTRTTS) gefällt. Ein Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen einen Palästinenser wurde abgelehnt. Er hatte auf einer Demo am 21.05.23 den Spruch FTRTTS auf einem Schild getragen, was aus Sicht der Staatsanwaltschaft den Tatbestand „Verwenden von Kennzeichen terroristischer Organisationen“ erfülle. FTRTTS sei eine Parole der Hamas. Das hat das Landgericht Mannheim als unbegründet bestätigt: Die Parole ist nach Ansicht des Gerichts nicht der Hamas zuzuordnen und von der Meinungsfreiheit gedeckt. Am Ende dieses Posts findet ihr Details zum Urteil.

Während wir von diesem Urteil erfuhren, mussten wir uns gleichzeitig aber mit der anhaltenden, absurden Kriminalisierung des Ausspruchs befassen: Bundesweit gab es gestern Hausdurchsuchungen bei Personen, denen zugeordnet wird, die Parole online gepostet zu haben. Das Bundeskriminalamt (BKA) bezeichnet den Ausspruch als „antisemitisch“ und Ausdruck von „Hasskriminalität“.Der Ausspruch wird in eine Reihe mit faschistischen Aussprüchen gestellt, aufgrund derer ebenfalls Hausdurchsuchungen stattfanden. 70 Wohnungen wurden auf Befehl des Bundeskriminalamts im Rahmen eines „bundesweiten Aktionstag gegen Hass und Hetze“ durchsucht und die Parole FTRTTS in diesem Zuge als antisemitische Äußerung und Kennzeichen terroristischer Organisationen gebrandmarkt. Wie viele Wohnungen in Zusammenhang mit Aktivitäten zu Palästina durchsucht wurden, ist aktuell noch unbekannt. Wir wissen aktuell nur gesichert von Hausdurchsuchungen in Frankfurt (siehe Instagram-Post von @freepalestine_ffm) und in Hamburg (siehe Instagram-Post von @thawra_hamburg), beides wegen der alleinigen Verwendung der Parole. Falls ihr von weiteren Hausdurchsuchungen wisst, meldet euch bitte bei dem ELSC oder bei uns vom Kufiya Netzwerk! Wir sammeln die Fälle zur Aufarbeitung und können bei Bedarf Anwälte vermitteln.

Die kriminalisierte Parole diente also einmal mehr als Vorwand, um Wohnungen von Palästina-Aktivist:innen durchsuchen zu können. Die Exekutive in diesem Land ignoriert Gerichtsurteile zur Rechtmäßigkeit von Protest und Solidarität für Palästina so lange, wie nur möglich – teilweise unter explizitem Bruch von geltendem Recht. Das sehen wir nicht nur bei FTRTTS. Wir müssen also auch trotz des Urteils in Mannheim weiter mit willkürlichen Anzeigen zu FTRTTS rechnen, aber rechtskräftige Verurteilungen dazu werden immer unwahrscheinlicher. Bisher gab es bundesweit keine einzige! Das Urteil des Landgerichts ist eine Entscheidung in einem spezifischen Einzelfall, aber dieses Urteil hat Gewicht und kann bundesweit jetzt als Verweis in anderen laufenden Prozessen dienen.

Das Urteil zeigt, dass ihre Kriminalisierung rechtlich auf tönernen Füßen steht! Die Legalisierung von FTRTTS ist mit dem Urteil noch lange nicht Realität, aber wieder ein Stück näher gerückt!

Wir haben das Gerichtsurteil des Landgericht Mannheim mit der Erlaubnis des Betroffenen anonymisiert hier hochgeladen, damit sich jeder selbst damit vertraut machen kann.

Hier zusammengefasst die wichtigsten Gründe, weshalb das Gericht FTRTTS nicht als Kennzeichen terroristischer Organisationen ansieht:

  1. Die Parole ist nicht der Hamas zuzuordnen:
    • Die Parole sei ein „Ausdruck einer politischen Gesinnung“ und zielte bei seiner Entstehung nach Ansicht des Gerichts „auf die Errichtung eines säkularen, demokratischen und egalitären Staates in ganz Palästina ab, in dem die Juden volle Gleichberechtigung genießen sollten, aber ohne die Privilegien des Zionismus“. Wegen seiner politischen Offenheit könne sich heute praktisch jeder Palästinenser und Unterstützer der palästinensischen Sache mit dem Spruch identifizieren. Mit dem Spruch an sich sei keine bestimmte politische Vorstellung hinsichtlich der Befreiung Palästinas verbunden. (S. 4-5)
    • Die Hamas verwendet den Spruch in dieser Form weder in seiner Charta von 1988 noch von 2017. Das Gericht sieht es als unerwiesen an, dass die Hamas den Spruch überhaupt irgendwo als Parole, als „motivierenden Leitspruch“ verwendet hat. (S. 7)
  2. Die Parole ist mindestens in diesem Einzelfall von der Meinungsfreiheit gedeckt:
    • Selbst wenn der Ausspruch als Kennzeichen einer verbotenen Organisation verwendet wird, aber in einer Weise, „dass es nicht ausschließlich auf die verbotene Vereinigung hinweist, sondern einen anderen Sachverhalt zum Gegenstand z.B. der öffentlichen Meinungsbildung machen soll, kann wegen des hohen Stellenwerts von Art. 5 GG ebenfalls die Sozialadäquanzklausel greifen“. (S. 9)
    • Das Gericht betont unter Verweis auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs darauf, dass bei verbotenen, aber mehrdeutigen Kennzeichen, „der mit dem Gebrauch des Kennzeichens verbundene Aussagegehalt anhand aller maßgeblichen Umstände des Falles ermittelt“ werden muss (S. 12).
    • Beim Versammlungsgeschehen der Nakba-Demo in Mannheim habe „jeglicher Bezug zur HAMAS sowie Anhaltpunkte für die Verwendung des Ausspruchs zu deren Unterstützung“ gefehlt (S. 10). Im Kontext der Nakba-Demo sollte mit dem Ausspruch nach Ansicht des Gerichts auf „die Situation der bis heute fehlenden Autonomie Palästinas zum Gegenstand der öffentlichen Meinungsbildung gemacht werden, was durch Art. 5 Abs. 1 GG bzw. die auch der Verwirklichung dieser Grundrechte dienende Sozialadäquanzklausel gedeckt ist.“ (S. 11)
    • Das Landgericht weist zudem darauf hin, dass „wegen der Anknüpfung des Verbots der spezifischen Parole an eine politische Meinung bereits erhebliche Zweifel erhoben worden sind, ob das Verbot mit Art. 5 Abs. 1 GG vereinbar ist und nicht auch gegen die staatliche Neutralitätspflicht und das Diskriminierungsverbot verstößt.“ (S. 7)