Kooperationsgespräch

Leitfaden Kooperations-Gespräch

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Stand: 09.07.24

  • Es ist sinnvoll, recht früh auf einen Termin zu drängen, vor allem wenn die Möglichkeit im Raum steht, dass die Versammlung verboten werden könnte. Denn dann braucht ihr genug Vorlauf, um dagegen vorzugehen. Ihr solltet eure Bemühungen um ein Kooperationsgespräch dokumentieren, also zum Beispiel das per Email schreiben und die Emails speichern. Das kann später nützlich sein.
  • Organisatorische Vorbereitung: Ihr solltet nicht alleine zu einem Kooperationsgespräch gehen. Auch bei einem Telefongespräch solltet ihr eine weitere Person dabei haben und im Gespräch darauf hinweisen, dass diese Person protokolliert. Das Protokollieren ist auf jeden Fall sinnvoll.
  • Psychologische Vorbereitung:
    Es ist wichtig, dass ihr euch auf die Situation auch geistig vorbereitet. Ihr werdet mit einer meistens großen Präsenz von Beamten konfrontiert werden, die schon durch ihr Auftreten einen einschüchternden Eindruck machen können. Die Vertreter der Behörde haben wahrscheinlich eine Schulung für solche Situationen wohingegen unsere Leute meistens keine Erfahrungen damit haben.
  • Was und wer also erwartet euch bei einem Koop-Gespräch:
    – mindestens ein (manchmal auch mehrere) Vertreter der Versammlungsbehörde
    – mindestens ein Beamter vom Staatschutz
    – Von der Seite der Polizei: Einsatzleiter (manchmal in Begleitung eines Stellvertreters), Verkehrspolizei
  • Das können also schon einige Vertreter sein, die da zusammenkommen. Meistens ist das bei einer Großdemo so. Wenn es sich um eine Großdemo handelt, macht es also Sinn, wenn ihr auch mindestens eine weitere Person mitnehmt. Alle Personen stellen sich vor Ort vor, aber es gibt bisher keine Fälle, die uns bekannt sind, wo die Personalien vor Ort festgestellt wurden – wenn das passieren sollte, dann sollte das protokolliert und später auch veröffentlicht werden.
  • Die Gespräche finden in den Räumen der Behörde statt, also auch potentiell unangenehm.
    Es ist wichtig, im Vorlauf einen sachlichen, höflichen und distanzierten Umgang einzuüben bzw. eine solche Haltung einzunehmen. Es ist klar, dass es sich um eine Machtassymetrie handelt, die wir nicht einfach ausgleichen können, sondern vor Ort immer wieder uns in Erinnerung rufen müssen, dass wir gerade unsere Grundrechte verteidigen.
  • Die Eröffnung der Kooperationsgespräche ist von großer Bedeutung, um euch von Anfang an in eine aktive, das Gespräch gestaltende Rolle hineinzubringen: Es ist häufig der Fall, dass die Behördenvertreter sich nicht vorstellen, sondern gleich mit dem Gespräch loslegen. Hierauf solltet ihr wieder völlig ruhig und gelassen mit der Bitte um Vorstellung aller Anwesenden reagieren. Lasst euch hier ruhig Zeit. Es gibt keinen Grund, sich zu stressen. Gebt dem Protokollanten und euch selbst die Zeit, die Namen der Beteiligten aufzuschreiben. Benutzen die Beamten Nummern oder Codes bei der Angabe ihrer Verantwortungsbereiche, könnt ihr und solltet ihr auch nachfragen, für welche Abteilung diese Codes stehen. (K 41> Staatsschutz; manchmal wird auch nur von Kriminalpolizei gesprochen, dann könnt ihr gerne nachhaken: welche Abteilung bitte).
  • Ihr könnt die Tagesordnung mitbestimmen. Wenn keine Tagesordnung seitens der Behörde vorgeschlagen wird, könnt ihr darum bitten, zuerst eine TO zu erstellen. Ihr könnt einzelne Vertreter von Behörden während des Gespräches ansprechen: Z.B. wenn von Gefahren seitens der Versammlungsbehörde gesprochen wird, könnt ihr euch den Vertretern der Kriminalpolizei zuwenden, sie mit ihren Namen ansprechen und explizit nachfragen, ob ihnen Informationen für eine Gefahrenlage vorliegen. Ihr könnt das Gleiche auch mit den Einsatzleitern machen. “Haben Sie die Polizeiberichte der letzten Demonstrationen studiert, bei denen wir als Anmelder ….” usw.
  • Letztlich geht es darum, dass ihr euch darauf vorbereitet, die Gesprächsführung entweder ganz oder teilweise zu übernehmen und das Zepter nicht allein der Behörde zu überlassen. Wenn ihr vor Ort das Gefühl habt, dass es sich wie eine Verhörsituation anfühlt, solltet ihr das artikulieren und protokollieren lassen. “Bedauerlicherweise muss ich feststellen, dass der Charakter des Gespräches sich immer mehr Richtung einer Verhörsituation ändert. Das empfinde ich als unangenehm und würde Sie bitten zu einem kooperativen Gespräch zurückzufinden.” (ein bisschen Spaß könnt ihr euch auch ruhig gönnen – ihr müsst euch im Laufe der Zeit in dieser Rolle gut und stark fühlen können – ihr seid auf der Seite der Gerechtigkeit, es gibt keinen Grund, sich vor Ort als Kriminelle behandeln zu lassen)

  • Zwei Methoden sind im Extremfall möglich, die beide auch gleichzeitig auftreten können. Jeder kennt die good cop-bad cop-Methode: unfreundlich bis freundlich. Unsere Empfehlung ist: wir bleiben cool, sachlich und höflich. Wir lassen uns weder provozieren, noch einlullen. Wenn Tonlagen oder inhaltliche Aussagen seitens der Behörden artikuliert werden, die unpassend oder kritikwürdig sind, geben wir das mit allergrößter Ruhe und Sorgfalt zu Protokoll und artikulieren, dass wir einen solchen Umgang nicht für gut befinden.
  • Inhaltliche Vorbereitung – das Thema von allen Seiten, vor allem aber von der Seite der Repression her selbst durchleuchten: Welche Argumente werden gegen Palästina-Solidarität gebracht? Welche Auflagen kennen wir schon? Gegenargumente gut vorbereiten.

  • Inhalte eines Kooperationsgespräches sind normalerweise:
  • Form (Art der Versammlung: Kundgebung, Laufdemo …
  • Inhalt der Versammlung und Auflagen
  • Verbot der Demo
  • Route, Mittel der Demonstration, Ordnerzahlen, Ziel- und sonstige Personengruppen
  • Rechtliche Frage:
    Kooperationsgespräche sind zwar nicht verpflichtend, aber der Wille zur Kooperation beider Seiten ist ein Kriterium (nicht der einzige Maßstab) für die Gerichte, um zu beurteilen, ob ein Verbot gerechtfertigt ist oder nicht. Insofern ist es gut, häufig den eigenen Willen zur Kooperation explizit zu artikulieren (sowohl bei der Anmeldung als auch während des Emailverkehrs oder der Vorgespräche als auch im Rahmen des Kooperationsgespräches). Es ist aber auch wichtig explizit zu machen, also auszusprechen, wenn man das Gefühl hat, dass die Behörden entweder nicht kooperieren oder auf Kompromissvorschläge nicht eingehen. Denn das wird im Protokoll vermerkt und kann später von euren Anwälten im Rahmen eines Eilverfahrens gegen Auflagen oder Verbot der Demo genutzt werden.