Ordner

Leitfaden Ordner
Stand: 09.07.24

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Im ersten Teil soll ein Überblick über die Funktion, die Rechte und die Vorschriften für Ordner gegeben werden. Das ist wichtig für die Vorbereitung der Versammlung, für die Versammlungsleitung und für die Ordner.

Im zweiten Teil werden die wichtigsten Punkte zur Orientierung der Ordner aufgelistet. Diese Punkte sollten die Ordner, aber auch alle aktiv Beteiligten wissen.

Unter Punkt Drei werden die Anforderungen an die Ordner erklärt und welche Möglichkeiten die Polizei hat, die Ordner zu überprüfen.

Im vierten Teil sollen Tipps für die praktische Vorbereitung einer Versammlung und des Ordnereinsatzes gegeben werden, sowie für den Einsatz und die Kommunikation.

Einige Hinweise und Informationen wurden diesem nützlichen Leitfaden entnommen:

https://www.versammlungsrecht.org/praxisleitfaden

1.   Funktion der Ordner

  • Anmelder von Versammlungen haben das Recht, Ordner einzusetzen, um ihre Versammlung abzusichern und bei der Durchführung der Versammlung unterstützt zu werden.
  • Die Versammlungsbehörde kann die Anmelder auch zum Einsatz von Ordnern per Auflage verpflichten. Das ist meistens der Fall.
  • Ordner sind keine Hilfspolizisten, sondern sind im Sinne der Versammlung tätig. Die Versammlungsleitung bestimmt über den Einsatz der Ordner. Dabei muss der Zugang zu und Abgang von der Versammlung ermöglicht werden.
  • Ordner sind Teilnehmer wie alle anderen auch, sie können Reden halten, Flugblätter verteilen, Parolen rufen, etc.
  • Ordner haben keine Sonderrechte gegenüber anderen Teilnehmern, sie haben insbesondere keine Befugnis zur Anwendung von Gewalt.
  • Das Verhältnis von Ordnern zu Teilnehmern in einer Auflage der Versammlungsbehörde muss verhältnismäßig sein. Zumeist wird es ausreichen, wenn auf 40 bis 50 Teilnehmende ein Ordner verlangt wird. Nur in Ausnahmefällen wird ein geringeres Verhältnis zulässig sein.
  • Für kleine Versammlungen wird wegen ihrer Übersichtlichkeit ein Ordnereinsatz nicht durch eine Auflage vorgeschrieben werden können. Die Versammlungsleitung kann in diesem Falle selbst für Ordnung sorgen.

Teilnehmer, Störung, Presse

  • Die Versammlungsleitung kann Anordnungen gegenüber den Teilnehmern treffen, um die Ordnung der Versammlung aufrecht zu erhalten. Die Teilnehmer sind verpflichtet, diese Anordnungen zu befolgen. Zwangsbefugnisse oder ein Ausschlussrecht gegenüber Teilnehmern stehen ihr aber genauso wenig zu wie Ordnern. Kommen Teilnehmer den Weisungen der Versammlungsleitung nicht nach, wird sie sich zur Durchsetzung der Ordnung an die Polizei wenden müssen.
  • Teilnehmer, die der Versammlungsleitung oder Ordnern bei der rechtmäßigen Ausübung von Ordnungsbefugnissen mit Gewalt oder Drohung mit Gewalt Widerstand leisten oder sie während der rechtmäßigen Ausübung ihrer Ordnungsbefugnisse tätlich angreifen, machen sich nach § 22 VersG strafbar.
  • Die Versammlungsleitung kann nicht Menschen von der Versammlung ausschließen. Eine Versammlung ist eine öffentliche Veranstaltung und die Öffentlichkeit hat das Recht daran teilzunehmen. Allerdings ist es nicht erlaubt, Versammlungen zu stören. Sollte dies der Fall sein, muss die Versammlungsleitung die Polizei auffordern, die störenden Personen von der Versammlung zu entfernen.
  • Presse ist zuzulassen, muss sich allerdings mit einem Presseausweis ausweisen können. Pressevertreter dürfen auch Fotos von der Versammlung machen, allerdings keine Portraitfotos von Teilnehmern. Es ist ihnen auch erlaubt, mit Teilnehmern zu sprechen, diesen ist es allerdings auch erlaubt, nicht mit Pressevertretern zu sprechen.
  • Den Umgang mit Presse solltet ihr vorher besprechen. Da die meisten Medien extrem negativ, einseitig und verhetzend über Palästina-Demos berichten, ist der Umgang nicht einfach. In jedem Fall solltet ihr auch gegenüber Pressevertretern ruhig, sachlich und höflich auftreten. Eine inhaltliche Kritik an der Berichterstattung in Redebeiträgen ist natürlich trotzdem möglich und sinnvoll.

Beendigungspflicht bei Aufzügen

  • Werden die Anweisungen der Versammlungsleitung oder ihrer Ordner von den Teilnehmenden nicht befolgt und kommt es in der Folge zu unmittelbaren Gefahren, so ist die Versammlungsleitung zu einer Beendigung der Versammlung verpflichtet. Zuvor kann sie sich an die Polizei wenden, um den ordnungsgemäßen Ablauf wiederherstellen.  Auch eine Unterbrechung des Aufzugs ist möglich, wenn auch in der Praxis eher selten.
  • Eine Beendigung auf der Grundlage von § 19 Abs. 3 VersG bewirkt, dass der versammlungsrechtliche Schutz entfällt. Die Polizei darf ab diesem Zeitpunkt Maßnahmen auf Grundlage der Polizeigesetze ergreifen, um Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Anders als bei einer zwangsweisen Auflösung einer stationären Versammlung durch die Polizei, sind die früheren Teilnehmenden nicht kraft Gesetzes verpflichtet, sich vom Versammlungsort zu entfernen. Die Polizei muss daher ggf. eigene Maßnahmen treffen, z. B. Platzverweise aussprechen.

2.   Wichtige Punkte zur Orientierung der Ordner 

  • Wichtig ist, dass die Ordnerleitung Entscheidungen fällt und diese auch befolgt werden sollten. Diskussionen sind während einer Demo nur eingeschränkt möglich, die Abwägung verschiedener Faktoren und Möglichkeiten sollte aber soweit möglich vor einer Entscheidung stattfinden. Falls die Ordnerleitung falsche Entscheidungen gefällt hat, kann man das später in der Auswertung kritisieren. In dem Moment der Aktion ist es wichtig, zunächst gemeinsam so zu verfahren, wie man es festgelegt hat und die Entscheidung der Ordnerleitung umzusetzen.
  • Ordner helfen der Versammlungsleitung dabei, Probleme zu lösen. Sie sind kein verlängerter Arm der Polizei, sondern gewährleisten die Sicherheit der Teilnehmer.
  • Ordner haben keine Zwangsbefugnisse. Im Gegenteil, wenn Probleme festgestellt oder Auflagen missachtet werden, sollten sie auf die anderen Versammlungsteilnehmer zugehen und deeskalierend auftreten.
  • Auch bei Konflikten mit der Polizei ist es Aufgabe der Ordner, zu deeskalieren.
  • Im Zweifelsfall ist die Versammlungsleitung zu informieren. Erst wenn dies nicht möglich ist, sollte die Polizei zur Hilfe geholt werden. Grundsatz: Die Versammlung klärt Probleme vorrangig selbst.
  • An unübersichtlichen Stellen, Engstellen oder Straßen sorgen Ordner dafür, dass niemand zu Schaden kommt. Sie helfen ggf. Rettungsfahrzeugen durch die Versammlung.
  • Bekanntgabe des geplanten Ablaufs der Versammlung und der Auflagen.
  • Sonstige Besonderheiten dieser Versammlung, die Ordner wissen sollten.

3.   Anforderungen an Ordner

  • Bei der Auswahl von Ordnern muss die Versammlungsleitung beachten, dass diese

volljährig,

ehrenamtlich und

zuverlässig

sein müssen.

  • Volljährig ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Umstritten ist, ob aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Ausnahme von dem Erfordernis der Volljährigkeit zu machen ist, wenn z. B. eine Versammlung von Schülern veranstaltet wird.
  • Die Ehrenamtlichkeit verbietet den Einsatz privater Sicherheitsdienste auf Versammlungen, darüber hinaus dürfen Beschäftigte des Veranstalters nur in ihrer Freizeit als Ordner tätig sein. Es spricht allerdings nichts dagegen, den Ordnern etwaige Auslagen wie z. B. Fahrtkosten zu ersetzen.
  • Ordner müssen mit einer weißen Armbinde mit der Aufschrift „Ordner“ gekennzeichnet sein. Ob Westen oder T-Shirts auch zur Kennzeichnung genügen ist nicht ganz klar, aber die bisherige Erfahrung zeigt, dass Westen anerkannt werden.
  • Für Ordner gilt ferner wie für alle Versammlungsteilnehmer, dass sie unbewaffnet sein müssen und auch sonst keine gefährlichen Gegenstände bei sich tragen dürfen.

Überprüfung der Ordner durch die Polizei?

  • Eine pauschale Verpflichtung zur Übermittlung von Namen ist abzulehnen, sie ergibt sich nicht aus dem Gesetz. Das Versammlungsgesetz ermöglicht der Versammlung vielmehr bewusst einen Raum zur Selbstorganisation, um eine Entfaltung grundrechtlicher Freiheiten ohne staatliche Einflussnahme zu gewährleisten.
  • Die Auswahl von Ordnern ist bei diesem Verständnis ein Recht der Versammlungsleitung, das durch eine Vorabkontrolle aller Ordner beeinträchtigt würde. Es liegt nahe, dass sich gegebenenfalls weniger Personen als Ordner zur Verfügung stellen werden, wenn dies mit der Übermittlung ihrer Daten an Behörden verbunden ist.
  • Darüber hinaus besteht objektiv kein Bedürfnis für eine solche Maßnahme. Zweifelt die Polizei daran, dass ein Ordner die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, kann sie diesen individuell um die Angabe ihrer Personalien bitten. Rechtsgrundlage für die Überprüfung ist in diesem Falle § 9 Abs. 1 VersG. Es müssen aber nachvollziehbare Anhaltspunkte für einen Gesetzesverstoß vorhanden sein, die Polizei darf nicht verdachtsunabhängig kontrollieren.
  • Die Versammlungsgesetze in Bayern und Niedersachsen enthalten besondere Regelungen, wonach die persönlichen Daten der Ordner auf Anforderung der Versammlungsbehörde zu übermitteln sind (Art. 13 Abs. 6 BayVersG; § 5 Abs. l Satz 1 Nr. 3 NVersG). 
  • Ordner, die als unzuverlässig oder ungeeignet „bekannt sind“ darf die Versammlungsbehörde ablehnen. Es müssen Tatsachen vorhanden sein, die eine Unzuverlässigkeit begründen, beispielsweise Gewalttaten im Kontext von Versammlungen.

4.   Ordnerleitung und Einweisung von Ordnern

  • Bei der Planung der Versammlung sollte eine Ordnerleitung bestimmt werden. Diese ist für die Organisierung der Ordner, den Einsatz und die Einweisung der Ordner zuständig. Sie kann Teil der Demoleitung sein, damit eine schnelle Kommunikation zwischen Demoleitung und Ordnern sicher gestellt werden kann.
  • Die Ordnerleitung ist für den Einsatz verantwortlich und entscheidet, wie in Situationen vorzugehen ist.
  • Die Bestimmung der Ordner sollte ebenfalls in der Phase der Planung stattfinden, damit sicher gestellt ist, dass es genug Ordner gibt. In der Planung sollte auch besprochen werden, mit welchen Problemen und Herausforderungen zu rechnen sein könnte. Das kann das Verhalten der Polizei, mögliche Gegenaktionen oder die Rolle der Medien betreffen. Die gemeinsam festgelegte Orientierung, wie damit umgegangen werden soll, muss allen Ordnern bekannt sein.
  • Die Ordner sollten in der Planungsphase eine Einführung bekommen haben, was ihre Funktion, ihre Rechte, etc. sind.
  • Ordner und Ordnerleitung sollten sich vor Beginn der Versammlung treffen. Die Ordnerleitung gibt den Ordnern eine Einweisung und informiert sie über den aktuellen Stand. Den Ordnern sollte bekannt gegeben werden, welche Auflagen für die Versammlung gelten und wie mit der Versammlungsleitung kommuniziert wird.
  • Eine Auflage, die Einweisung vor Beginn der Versammlung und in Gegenwart der Einsatzleitung der Polizei vorzunehmen, ist rechtswidrig. Die Ordnungsfunktion der Versammlungsleitung ist zeitlich auf die Versammlung beschränkt, im Vorfeld bestehen keine Rechte und Pflichten. Zudem würde sonst der Beginn der Versammlung vom Eintreffen der Einsatzleitung abhängig gemacht werden, wofür es keine rechtliche Grundlage gibt.

Hilfsmittel/Kommunikation

Je nach Größe der Versammlung kommen verschiedene Hilfsmittel in Betracht.

  • Funkgeräte

Können bei einer großen Demo sinnvoll sein, damit die Kommunikation bei Zwischenfällen gesichert ist. Funkgeräte sind erlaubt. Man muss davon ausgehen, dass die Polizei die Gespräche mithört. Für den Einsatz der Funkgeräte müssen vorher klare Kommunikationsregeln festgelegt werden, da sonst die Kommunikation ausufern kann, ungenau ist und damit eher zur Störung der Ordnerarbeit beitragen kann.

  • Kommunikation per Telefon

Es ist auch möglich, dass die Ordner per Telefon (Anruf/Messanger) miteinander kommunizieren. Das kann erschwert sein durch die Ausschaltung oder Überlastung von Funkzellen. In jedem Fall müssen auch für diese Kommunikation Regeln festgelegt werden.