Verteidigungsrede von Paul

Vor dem Frankfurter Amtsgericht gegen die Anklage der „Billigung von Straftaten“ nach §140 StGB (20.11.24)

Hier als PDF

Paul wurde wegen angeblicher Billigung von Straftagen nach §140 angeklagt, weil er in einer spontan gehaltenen Rede gesagt hat, dass die Palästinenser eine Inspiration sind und der palästinensische Widerstand legitim ist. Paul hat sich dazu bekannt, diese Aussagen getätigt zu haben und verteidigt sie als wichtigen Ausdruck der Solidarität mit Palästina und des Kampfs gegen den damals begonnenen Genozid an den Palästinensern. Er verteidigt sein und unser aller Recht auf Meinungsfreiheit. Er wurde zu 40 Tagessätzen a 20 Euro verurteilt und Berufung gegen das Urteil eingelegt, um den Kampf für Meinungsfreiheit in Deutschland und für die legitimen Rechte der Palästinenser auf Freiheit und Widerstand fortzusetzen.

In seiner Verteidigungsrede ging Paul ausführlich auf die Fragwürdigkeit des Tatvorwurfs seitens der Staatsanwaltschaft ein, die erst wegen Volksverhetzung, dann wegen Androhung von Straftaten und schließlich wegen der Billigung von Straftaten anklagte. Danach ging er auf den Vorwurf der Billigung von Straftaten ein und welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen. Hierbei ist wichtig, dass eine politische Bewertung eines Ereignisses wie des 7. Oktobers oder anderer bewaffneter Konflikte möglich sein muss, ohne dafür den Vorwurf der Billigung von Straftaten gemacht zu bekommen. Sonst wäre jede Äußerung zu Konflikten nicht mehr möglich. Danach geht die Rede auf die Geschichte der Vertreibung des palästinensischen Volks und insbesondere des krassen Unrechts, das von der Besatzungsmacht Israel ausgeübt wird. Danach wird auf völkerrechtliche Bestimmungen zum Widerstandsrecht kolonisierter Völker eingegangen. Im letzten Teil geht die Rede auf den 7. Oktober ein, welche Vorgänge ungeklärt sind, welche Rolle die Hannibal-Doktrin spielt und was Paul mit seinen Aussagen zur Inspiration und zur Legitimation des palästinensischen Widerstands gemeint hat. Richterin und Staatsanwältin sind mit keinem Wort auf die Inhalte der Rede eingegangen.

Continue reading

Verteidigungsrede von Leon

Vor dem Duisburger Amtsgericht gegen die Anklage der „Billigung von Straftaten“ nach §140 StGB (10.04.2024).

Hier als PDF

In seiner Rede geht er zunächst auf den Begriff „Intifada“ und die Geschichte des palästinensischen Befreiungskampfs ein. Danach behandelt er die Parole „From the River to the Sea“ und die verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten der Parole, wobei er auch klar stellt, was seine persönliche Interpretation ist: ein säkularer und demokratischer Staat in Palästina, in dem alle Bürger gleichberechtigt sind. Im vierten Teil geht er auf den 7. Oktober ein und warum das Framing dieses Ereignisses als „Terroranschlag“ der Kriminalisierung und Einschränkung der Meinungsfreiheit dient. In seinem Schlussplädoyer geht Leon sehr pointiert auf die falschen Behauptungen des Richters ein und kritisiert insbesondere, dass so getan werde, als sei es kein politisches Verfahren.

Leon wurde von der Duisburger Polizei und der Duisburger Staatsanwaltschaft der „Billigung von Straftaten“, konkret der „Billigung von Morden“ an „zivilen israelischen Staatsbürgern“, bezichtigt. Sie begründen dies mit der Tatsache, dass Leon am 9. Oktober 2023 auf einer Demo in Duisburg die Parolen „Von Duisburg bis nach Gaza – Yalla Intifada!“ und „From the River to the Sea – Palestine will be free!“ angestimmt hat.

Vor Gericht hat Leon sich dazu bekannt, diese Parolen gerufen zu haben und er hat dies auch politisch begründet. Zugleich hat er den Vorwurf der „Billigung von Straftaten“ entschieden zurückgewiesen, dargelegt, wie haltlos diese Anschuldigungen sind, und erläutert, wieso es sich bei seiner Anklage um eine Form der politischen Repression gegen ihn und letztlich die gesamte Palästinasolidaritätsbewegung in Deutschland handelt. Zudem hat er erklärt, wieso er überzeugt ist, sich dabei auf die Meinungsfreiheit, das Völkerrecht und auf moralische Grundsätze berufen zu können.

Leon wurde in erster Instanz zu einer Geldstrafe über 900 Euro und 60 Tagessätzen verurteilt. Er geht in Berufung und setzt damit den Kampf für die Meinungsfreiheit in Deutschland und für die legitimen Rechte der Palästinenser auf Freiheit und Widerstand vor Gericht fort.

Continue reading

1 Jahr Samidoun-Verbot – 1 Jahr Angriffe auf unsere Grundrechte

Heute vor einem Jahr wurde das international aktive Solidaritätsnetzwerk für palästinensische Gefangene Samidoun vom Bundesinnenministerium unter Leitung von Nancy Fieser (SPD) verboten. Dieses Verbot war Wochen zuvor bereits angekündigt worden und hatte einen noch längeren Vorlauf: Über Jahre hetzten Politiker, einflussreiche Medien und zionistische Lobbyorganisationen gegen die Organisation und forderten lange vor dem 7. Oktober 2023 ihr Verbot. Der Grund: Samidoun war laut, kämpferisch, stellte sich hinter den palästinensischen Widerstand in all seinen Formen und repräsentierte eine zumeist aus der arabischen Diaspora nach Deutschland gekommene Generation junger Palästinenser – und das alles auch noch in der Bundeshauptstadt Berlin. Diese Kraft konnte und wollte man angesichts der Lage in Palästina und der nach dem 7. Oktober aufkommenden Bewegung in Deutschland nicht länger dulden. Sie musste zerschlagen werden!

Versagen der Bewegung

Das Samidoun-Verbot muss rückblickend auch als ein Testballon gewertet werden: Die staatlichen Repressionsorgane probierten aus, wie die Palästinasolidaritätsbewegung reagieren würde, wenn man eine der bekanntesten und aktivsten palästinensischen Gruppen kurzerhand verbietet. Die Reaktion muss für sie ermutigend gewesen sein: Die Bewegung reagierte fast gar nicht. Abgesehen von einigen Stellungnahmen und vereinzelten Kundgebungen blieb es komplett ruhig. Dass zu dem Zeitpunkt der Genozid in Gaza bereits voll im Gange war und das Verbot einer Organisation in Deutschland demgegenüber weniger wichtig erschien, mag ein Teil der Wahrheit sein. Eine Entschuldigung für das Schweigen der Bewegung ist es aber nicht. Wir wissen außerdem, dass auch Angst vor Repression und Kontaktschuld sowie Vorbehalte wegen Kritik an den Positionen und dem Auftreten von Samidoun eine wichtige Rolle gespielt haben.

Folgen für uns alle

Mit den Folgen müssen wir seither leben: Mit Samidoun wurde ein wichtiger Akteur in der internationalen Bewegung hierzulande illegalisiert. Der Staat hat außerdem seitdem massiv in unser aller Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit eingegriffen. Bei Verboten von Parolen und Anzeigen wurde dabei nicht zuletzt auf vermeintliche Kontakte zu oder angebliche Symbole von Samidoun verwiesen.

Ein halbes Jahr nach Samidoun wurde die Gruppe Palästina Solidarität Duisburg (PSDU) verboten – nicht zuletzt unter Verweis auf deren Kontakte und Solidaritätsbekundungen mit Samidoun. Hier hat sich der Staat noch weiter vorgewagt, denn er konnte sich bei PSDU weder auf eine jahrelange Vorarbeit noch auf angebliche Verbindungen zu palästinensischen Widerstandsorganisationen stützen.

Folgen für Betroffene

Aber nicht nur die Bewegung leidet unter dem Samidoun-Verbot. Faesers öffentlich inszeniertem Verbot folgten Hausdurchsuchungen, bei denen die Betroffenen von der Polizei misshandelt wurden. Die Medien waren bei diesen Durchsuchungen vor Ort und hetzen auch weiterhin immer wieder gegen ehemalige Aktive von Samidoun. Im Internet denunzieren außerdem zionistische Gruppen und Einzelpersonen politisch aktive Palästinenser als angebliche ehemalige oder gar weiterhin aktive (!) Samidoun-Mitglieder.

Personen, denen vorgeworfen wird, für Samidoun aktiv gewesen zu sein, oder die sich dazu auch bekennen und die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, erleben seither massive rassistische Schikane: von Kontaktverboten bis hin zu drohenden Abschiebungen. Selbst Menschen, die nie etwas mit Samidoun zu tun hatten, werden im Zuge ihres Einbürgerungsverfahrens nach möglichen Kontakten und nach ihrer Haltung zu Samidoun befragt.

Das Samidoun-Verbot war ein Angriff auf uns alle:
Auf die Betroffenen.
Auf die palästinasolidarische Bewegung in Deutschland.
Auf alle Menschen ohne deutschen Pass, die solidarisch mit Palästina sind.
Und auf die Grundrechte aller in Deutschland lebenden Menschen.

Wir stehen solidarisch an der Seite der Betroffenen in ihrem Kampf gegen das Verbot und die rassistische Repression! Sie wollen uns spalten, aber wir rücken immer mehr zusammen!

Freiheit für Palästina! Demokratie für Deutschland! Weg mit
allen Verboten gegen die Palästinasolidarität!

Aufruf des Kufiya-Netzwerks zur Aktionswoche vom 30.09. – 07.10.

Aufruf und Kontext als PDF
Aufruf als PDF
Historischer Kontext als PDF

Über 100 Jahre zionistischer Siedlerkolonialismus in Palästina, 56 Jahre israelische Besatzung des Gaza-Streifens, 16 Jahre grausame Blockade gegen Gaza und wiederholte Bombardierungen seit 2008 gehen dem 7. Oktober voraus. Vor allem westliche Medien geben ihr Bestes, diesen Kontext auszublenden und stattdessen die Propaganda der israelischen Besatzung zu verbreiten.

Seit dem 7. Oktober 2023 wurde die Vertreibung und Massakrierung, die die Besatzungsmacht seit der Nakba von 1948 gegen das palästinensische Volk ausübt, auf ihr bisher höchstes Eskalationslevel gehoben. Das verdeutlicht, dass es dem siedlerkolonialen Staat um die Auslöschung des palästinensischen Volks geht. Mindestens 40.000 Menschen wurden durch die Bombardierungen getötet und ca. 200.000 durch Hunger, Krankheiten und fehlende medizinische Versorgung, alles Folgen der israelischen Vernichtungsblockade.

Gleichzeitig wurde ein Propagandakrieg gestartet: Der 7. Oktober wurde als geschichtslos dargestellt, seine Einordnung in den historischen Kontext verweigert und längst widerlegte Lügen über Gräueltaten palästinensischer Kämpfer werden bis heute verbreitet, um Palästinenser*innen zu entmenschlichen, ihren Widerstand zu delegitimieren und letztendlich den Genozid in Gaza zu rechtfertigen.

Deutschland unterstützt den Völkermord durch seine Außen- und Innenpolitik. Nach außen zeigt sich die Komplizenschaft in Waffenlieferungen und politischer Unterstützung für Israel. Im Inneren führt Deutschland eine massive Repressionskampagne gegen palästinasolidarische Proteste und Organisationen. Willkürliche Verhaftungen, Polizeigewalt, staatliche Überwachung, politische Kündigungen, Hausdurchsuchungen, das Verbot von Organisationen, die Sperrung von Bankkonten, die Repression an den Universitäten und die gleichgeschaltete Medienberichterstattung sind unübersehbarer Ausdruck der kolonialen Kontinuität des Staates und gesellschaftlicher Institutionen.

Wir können nicht tatenlos einem Genozid zuschauen, noch weniger wollen wir uns indirekt daran beteiligen. Die israelische Besatzung zerstört sämtliche Bildungseinrichtungen, Krankenhäuser, Wohngebiete, und jegliche Infrastruktur, die als Lebensgrundlage der Palästinenser*innen dient. Ihr Ziel ist die Auslöschung Gazas von den Karten und die Vernichtung des palästinensischen Volks.

Wir rufen als Kufiya Netzwerk palästinensische und palästina-solidarische Gruppen und Strukturen bundesweit dazu auf, in der Woche vom 30. September bis 7. Oktober 2024 auf die Straßen zu gehen und Aktionen zu organisieren.

Wir wollen uns darauf konzentrieren, den 7. Oktober in seinen historischen Kontext einzubetten und die desinformierende Rolle deutscher Medien aufzeigen. Wir stellen uns gegen die Verbreitung von Falschinformationen und die Relativierung israelischer Kriegsverbrechen durch deutsche Medien und Politik.

Für die Aktionswoche bieten wir euch Infomaterialien und Aktionsvorschläge an und fordern alle solidarischen Gruppen und Menschen auf, sich uns für die Aktionswoche und darüber hinaus anzuschließen! Als breite, geeinte Bewegung stehen wir gegen Genozid, für ein Ende der Besatzung und ein freies Palästina. Viva, Viva Palästina!

Es begann nicht am 7. Oktober – 76 Jahre Genozid

Aufruf des Kufiya-Netzwerks zur Aktionswoche vom 30.09. – 07.10. – mit historischem Kontext

Aufruf und Kontext als PDF
Aufruf als PDF
Historischer Kontext als PDF

Über 100 Jahre zionistischer Siedlerkolonialismus in Palästina, 56 Jahre israelische Besatzung des Gaza-Streifens, 16 Jahre grausame Blockade gegen Gaza und wiederholte Bombardierungen seit 2008 gehen dem 7. Oktober voraus. Vor allem westliche Medien geben ihr Bestes, diesen Kontext auszublenden und stattdessen die Propaganda der israelischen Besatzung zu verbreiten.

Seit dem 7. Oktober 2023 wurde die Vertreibung und Massakrierung, die die Besatzungsmacht seit der Nakba von 1948 gegen das palästinensische Volk ausübt, auf ihr bisher höchstes Eskalationslevel gehoben. Das verdeutlicht, dass es dem siedlerkolonialen Staat um die Auslöschung des palästinensischen Volks geht. Mindestens 40.000 Menschen wurden durch die Bombardierungen getötet und ca. 200.000 durch Hunger, Krankheiten und fehlende medizinische Versorgung, alles Folgen der israelischen Vernichtungsblockade.

Gleichzeitig wurde ein Propagandakrieg gestartet: Der 7. Oktober wurde als geschichtslos dargestellt, seine Einordnung in den historischen Kontext verweigert und längst widerlegte Lügen über Gräueltaten palästinensischer Kämpfer werden bis heute verbreitet, um Palästinenser*innen zu entmenschlichen, ihren Widerstand zu delegitimieren und letztendlich den Genozid in Gaza zu rechtfertigen.

Deutschland unterstützt den Völkermord durch seine Außen- und Innenpolitik. Nach außen zeigt sich die Komplizenschaft in Waffenlieferungen und politischer Unterstützung für Israel. Im Inneren führt Deutschland eine massive Repressionskampagne gegen palästinasolidarische Proteste und Organisationen. Willkürliche Verhaftungen, Polizeigewalt, staatliche Überwachung, politische Kündigungen, Hausdurchsuchungen, das Verbot von Organisationen, die Sperrung von Bankkonten, die Repression an den Universitäten und die gleichgeschaltete Medienberichterstattung sind unübersehbarer Ausdruck der kolonialen Kontinuität des Staates und gesellschaftlicher Institutionen.

Wir können nicht tatenlos einem Genozid zuschauen, noch weniger wollen wir uns indirekt daran beteiligen. Die israelische Besatzung zerstört sämtliche Bildungseinrichtungen, Krankenhäuser, Wohngebiete, und jegliche Infrastruktur, die als Lebensgrundlage der Palästinenser*innen dient. Ihr Ziel ist die Auslöschung Gazas von den Karten und die Vernichtung des palästinensischen Volks.

Wir rufen als Kufiya Netzwerk palästinensische und palästina-solidarische Gruppen und Strukturen bundesweit dazu auf, in der Woche vom 30. September bis 7. Oktober 2024 auf die Straßen zu gehen und Aktionen zu organisieren.

Wir wollen uns darauf konzentrieren, den 7. Oktober in seinen historischen Kontext einzubetten und die desinformierende Rolle deutscher Medien aufzeigen. Wir stellen uns gegen die Verbreitung von Falschinformationen und die Relativierung israelischer Kriegsverbrechen durch deutsche Medien und Politik.

Für die Aktionswoche bieten wir euch Infomaterialien und Aktionsvorschläge an und fordern alle solidarischen Gruppen und Menschen auf, sich uns für die Aktionswoche und darüber hinaus anzuschließen! Als breite, geeinte Bewegung stehen wir gegen Genozid, für ein Ende der Besatzung und ein freies Palästina. Viva, Viva Palästina!

Die Geschichte von 76 Jahren Vertreibung und Kolonisierung

Der 7. Oktober kann nicht außerhalb des Kontexts jahrzehntelanger Gewalt in Palästina und insbesondere Gaza – dem größten Freiluftgefängnis der Welt – gesehen werden.

Im Zuge der Gründung Israels 1948 wurden über 800.000 Palästinenser vertrieben, getötet, inhaftiert, Opfer von Gewalt und Vergewaltigung. Palästinenser bilden seitdem die größte Flüchtlingsgruppe (prozentual zur Bevölkerung). Die Nakba, wie die Palästinenser dieses Ereignis nennen, bedeutet heute: 76 Jahre ethnische Säuberung, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Apartheid und Willkür. Israel ist damit seit seiner Staatsgründung eine Siedlerkolonie, die sich nur aufgrund der anhaltenden Unterdrückung bis heute gehalten hat. Nahezu 75 Prozent der heutigen Bewohner Gazas wurden 1948, während der Nakba vertrieben und sind damit Flüchtlinge aus ganz Palästina sowie deren Nachfahren. Israel verweigert ihnen das Recht auf Rückkehr, das durch die Resolution 194 der UN-Generalversammlung im Jahr 1948 anerkannt und 1974 mit der Resolution 3236 als unveräußerlich beschlossen wurde.

Blockade Gazas seit 2007

Seit den 90er Jahren schränkt Israel die Bewegungs- und Handelsfreiheit der Bevölkerung Gazas massiv ein. Diese Einschränkungen wurden ab 2007 massiv verschärft, als Israel eine völkerrechtswidrige Land-, See- und Luftblockade über den Gazastreifen verhängte, die vom ägyptischen Regime unterstützt wird. Diese Blockade führte zur Zerstörung der Wirtschaft und Infrastruktur in Gaza. Gazas Bauern haben gerade einmal Zugang zu einem Drittel des Ackerlandes. Fischer dürfen nur in 15 Prozent der Gewässer fischen. Die Bevölkerung Gazas erhielt fortan nur so viele Kalorien, dass sie gerade überleben konnte. Niemand kann ohne israelische Genehmigung in den Gazastreifen ein- oder ausreisen. Eine sechs Meter hohe Mauer und Sperranlage umgibt Gaza. 

Hunger als Waffe der Besatzungsmacht

Bereits 2012 warnte ein UN-Bericht mit dem Titel “GAZA IN 2020 – A liveable place?” davor, dass das Gebiet bis 2020 unbewohnbar werden würde: Das Vorenthalten lebensnotwendiger Güter durch die israelische Besatzung, führe laut UNCAT (2015) dazu, dass Gaza ab 2020 als unbewohnbar einzustufen sei. Ein entscheidender Faktor ist die katastrophale Wasserversorgung. Israel kontrolliert seit 1967 die gesamte Wasserinfrastruktur Gazas. Trinkwasser wurde durch die Besatzungsmacht absichtlich kontaminiert und ein Großteil ist heute ungenießbar. Israel nutzt die Kontrolle über Nahrungsmittel und insbesondere Wasser als Druckmittel gegen Gazas Bevölkerung. Dieser stehen täglich 20 – 35 Liter Wasser pro Person zur Verfügung. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt mindestens das Dreifache zum Überleben. In Israel hingegen liegt der Wasserverbrauch pro Person bei über 300 Litern pro Tag. 90 % des Wassers fließen an israelische Kolonialsiedler, nur 10 % gelangen nach Gaza und ins Westjordanland. Die Menschen in Gaza leiden seit mindestens 2008 unter Hunger, da die Einfuhr von UN-Hilfslieferungen streng reglementiert wird. Israel schätzt den Kalorienbedarf der palästinensischen Bevölkerung und lässt nur die Einfuhr einer genehmigten Menge an Lebensmittellieferungen zu. Die Situation seit dem 7. Oktober hat sich extrem verschärft.

2020 erfüllten sich die warnenden Prognosen. Mehr als eine halbe Million der 2,3 Millionen Einwohner lebten unter der absoluten Armutsgrenze. Fast eine Million waren auf UN-Lieferungen angewiesen. 90 % des „Trinkwassers“ in Gaza waren ungenießbar. Strom gab es nur für zwei bis vier Stunden am Tag, was die Lagerung von Lebensmitteln und Medikamenten unmöglich machte. Die Gesundheitsversorgung brach zusammen, und selbst einfach zu behandelnde Krankheiten breiteten sich aus.

USA als Schutzpatron von Annexion und Apartheid

Auch die geopolitische Lage verschärfte die Situation in Palästina. Am 6. Dezember 2017 erkannte die USA unter Präsident Trump Jerusalem als unbegrenztes Hoheitsgebiet Israels an und verlegte die US-Botschaft nach Jerusalem. Das Generalkonsulat und die diplomatische Mission nach Palästina wurden aufgelöst. Vier weitere Staaten folgten dem Beispiel. 2019 erkannten die USA zudem die israelische Annexion der Golanhöhen an. Dieses Vorgehen offenbart die wahren Absichten der Supermacht, die sich als Hauptvermittler im sogenannten “Nahost-Friedensprozess” darstellt. Nach dem Völkerrecht ist Palästina weiterhin unter illegaler israelischer Besatzung. Israels Status als Apartheidsregime wurde jüngst vom Internationalen Gerichtshof (IGH) bestätigt. Mit den “Abraham Accords” im Jahr 2020 wurde ein Vertrag zur „Normalisierung“ von Beziehungen arabischer Staaten mit Israel abgeschlossen, was die diplomatische Unterstützung für palästinensische Ansprüche auf ihr eigenes Land beendete.

Massaker an friedlichen Protesten 2018

Zwischen März 2018 und Dezember 2019 demonstrierten tausende Palästinenser wöchentlich an der illegalen „Iron Wall“, die Gaza vom Rest Palästinas trennt. Ihr Hauptanliegen war die Aufhebung der Blockade und das Recht auf Rückkehr. Der friedliche Protest, Great March of Return genannt, wurde von Israel in ein blutiges Gemetzel verwandelt. Der willkürliche Beschuss der israelischen Truppen tötete 200 Menschen, darunter viele Kinder, und verletzte mehr als 29.000 Palästinenser, oft so schwer, dass sie ein Leben lang körperlich behindert bleiben. Aufgrund der hohen Opferzahlen musste der gewaltlose Protest eingestellt werden. Die regelmäßige und massive Gewalt gegen die Protestierenden wurde von großen Teilen der internationalen Gemeinschaft ignoriert und blieb für Israel ohne Konsequenzen.

„Rasenmähen“, „Unkraut“ – Taktik der Vernichtung

Im Jahr 2021 führten palästinensische Proteste – bekannt als die dritte Intifada – gegen israelische Übergriffe und illegale Enteignungen zu einer erneuten Militäroffensive Israels. Die eingesetzte Strategie, die von Israel als „Rasenmähen“ bezeichnet wird, sollte die als „Unkraut“ angesehene palästinensische Bevölkerung zur Aufgabe ihres Widerstands bringen, ohne ihnen eine langfristige politische Lösung zu bieten. Die massive Gewalt und rücksichtslose Tötung von Zivilisten entsprach der Taktik, die Israel 2006 im Libanon-Krieg formulierte und seitdem unter dem Namen Dahiya-Doktrin anwendet. Diese besagt, dass extreme, disproportionale Gewalt und der gezielte Angriff auf Zivilisten und zivile Infrastruktur gerechtfertigt seien.

Koloniale Fremdherrschaft

Für die Palästinenser bleibt ein menschenwürdiges Leben unerreichbar, die Unterdrückung geht weiter, und die Mauer symbolisiert die koloniale Fremdherrschaft. Seit 2015 verabschiedete die UN mehr als 140 Resolutionen in denen Israels völkerrechtswidriges Verhalten kritisiert wird – mehr als doppelt so viele, wie gegen alle anderen Staaten in der gleichen Zeit zusammen. Israel interessiert dies nicht, genauso wenig wie die USA und den Westen, der sich selbst als “zivilisiert” bezeichnet. Sie unterstützen und finanzieren die Besatzung. Wo vorher palästinensische Häuser standen, gibt es heute israelische Siedlungen, die auf den Trümmern dieser Gebäude errichtet wurden.

Permanente Dämonisierung der Palästinenser

Rund 10 % der palästinensischen Bevölkerung lebt noch in ihrem angestammten Gebiet innerhalb der sogenannten „grünen Linie“. Dies ist das Gebiet, das ihnen durch die völkerrechtswidrige Resolution 181 entzogen wurde. Der IGH stellte 2004 fest, dass die Resolution 181 nie umgesetzt wurde, da die palästinensische Bevölkerung die Gründung eines Zwei-Klassen-Staates ablehnte. Die permanente Entmenschlichung und Dämonisierung der palästinensischen Bevölkerung in allen Kontexten der israelischen Gesellschaft hat zur Folge, dass von der großen Mehrheit der Israelis inzwischen selbst die Misshandlung oder Tötung palästinensischer Gefangener als gerechtfertigt angesehen wird. Menschenfeindliche Ideologien, wie sie einst von Minderheiten, wie dem verurteilten Terroristen Meir Kahane vertreten wurden, sind längst fester Bestandteil der heutigen israelischen Regierung und Bevölkerung. Übergriffe gegen Muslime an heiligen Orten, wo Parolen wie “Tod den Arabern” gerufen werden, sind schon lange kein Einzelfall mehr. 

Tödliche Jahre

Seit Beginn der Blockade führte Israel fünf große Militärangriffe auf Gaza durch (2008, 2012, 2014, 2021, 2023 bis heute). Die Bombardierungen und die Invasionen töteten tausende unschuldige Menschen, zerstörten hunderttausende Wohnhäuser, machten hunderttausende Menschen obdachlos. Eine ganze Generation in Gaza kennt nichts anderes als israelischen Bombenterror. Die Traumatisierung von Kindern und Erwachsenen nimmt kein Ende. Eine politisch nachhaltige Lösung und eine Verbesserung der humanitären Lage bleiben aus. Die Jahre 2022 und 2023 (bereits vor Oktober) gehörten zu den tödlichsten für Palästinenser seit der zweiten Intifada. Diese Bedingungen sind der Grund dafür, dass sich die Menschen in Palästina gegen die Besatzung und den Terror des Siedlerstaates zur Wehr setzen.

Rolle der Medien im Genozid an den Palästinensern

Aktionswoche „Es begann nicht am 7. Oktober“ des Kufiya-Netzwerks

Als PDF

Viele Fragen zu den Ereignissen vom 7. Oktober bleiben weiterhin ungeklärt, da Israel unabhängige Untersuchungen der Geschehnisse verweigert. Eine zusätzliche Herausforderung bei der Bewertung des 7. Oktober stellt die Berichterstattung internationaler, insbesondere westlicher Medien dar. Diese haben die Aussagen israelischer Behörden und unsicherer Quellen oft ungeprüft übernommen und zahlreiche Geschichten verbreitet, die sich im Nachhinein als falsch herausgestellt haben. Berichte und Aussagen über den Beschuss eigener Soldaten und Zivilisten durch die israelische Armee werden hingegen kaum beachtet.

Im Zusammenhang mit dem 7. Oktober muss von einer Propagandakampagne gesprochen werden, die einerseits dazu dient, den erbarmungslosen Rachefeldzug in Gaza zu rechtfertigen und andererseits das systematische Abschlachten der Palästinenser verschweigt, sodass der aktuell stattfindende Genozid keine Erwähnung findet. Deutsche Medien spielen in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle bei der Rechtfertigung und Verschleierung des Völkermords an den Palästinensern, wie im folgenden Text erläutert wird.

Das ARD-Glossar zur Berichterstattung über den „Nahostkonflikt“

Am 18. Oktober 2023, nur elf Tage nach dem 7. Oktober, beschloss die ARD ein internes Glossar, das die Sprache der Redaktionen zum “Nahostkonflikt” regeln soll. Ziel ist es, die Berichterstattung zu vereinheitlichen und ein bestimmtes politisches Bild zu vermitteln.

Das Glossar weist darauf hin, dass Begriffe wie “Gewaltspirale” oder “Eskalation in Nahost” vermieden werden sollen, während stattdessen Formulierungen wie “Angriff aus Gaza auf Israel” oder “Terrorangriffe auf Israel” verwendet werden sollen. Dies zielt darauf ab, die Vorgeschichte des 7. Oktober, nämlich die völkerrechtswidrigen Angriffe auf Gaza (Blockade, regelmäßige Bombardierungen sowie die systematische Ermordung unter anderem von Frauen, Kindern, Journalisten und medizinischem Personal) zu verschweigen.

Weiterhin soll der völkerrechtlich legitime Widerstand gegen die israelische Besatzung (Resolution 3103 (XXVIII) der UN-Generalversammlung 1973) als Terrorismus diffamiert werden, um das Abschlachten der Palästinenser zu legitimieren. So heißt es im Glossar: „Wie bereits von der Chefredaktion festgelegt, sollten wir nicht euphemistisch von Hamas-Kämpfern, sondern von Terroristen schreiben und sprechen“. Das Glossar legt zudem fest, dass „die Hamas den aktuellen Konflikt begonnen hat“ und stets betont werden müsse, „dass es sich [bei israelischen Angriffen] überwiegend um militärische Ziele handelt.“ Obwohl bei den Angriffen auf Gaza Zehntausende Palästinenser sterben, soll die Lesart der israelischen Armee unkritisch übernommen und der Genozid medial gerechtfertigt werden. Es überrascht daher nicht, dass fast jeder Zweite wenig oder gar kein Vertrauen in die deutsche Berichterstattung zum “Krieg in Nahost” hat, wie eine Umfrage von Infratest Dimap für das NDR-Medienmagazin ZAPP vom 28. August 2024 zeigt.

Neben der Übernahme der israelischen Darstellung in den deutschen Medien dient die systematische Verbreitung von Falschnachrichten dazu, das Vorgehen des israelischen Militärs ungeachtet des Genozids an den Palästinensern stetig zu rechtfertigen.

Der 7. Oktober und die Hannibal Direktive

Als Reaktion auf den Ausbruch der palästinensischen Widerstandsgruppen aus dem größten Freiluftgefängnis der Welt am 7.Oktober aktivierte die israelische Armee die sogenannte “Hannibal Direktive”. Diese sieht vor, dass um jeden Preis verhindert werden muss, dass israelische Soldaten in Gefangenschaft geraten. Der Beschuss der eigenen Soldaten ist erlaubt, ihr Tod wird damit in Kauf genommen. In der Vergangenheit wurde bei der Umsetzung der Direktive bereits massive Bombardierung eingesetzt. Wie die israelische Tageszeitung Haaretz im Juli berichtete, gab es am 7. Oktober zahlreiche Befehle zur Umsetzung der Hannibal-Direktive, darunter dem Befehl: “Nicht ein einziges Fahrzeug darf nach Gaza zurückkehren.” Auch der Tod von Siedlern wurde dabei in Kauf genommen.

Haaretz berichtet, dass die gesammelten Daten darauf hindeuten, dass “viele der entführten Menschen in Gefahr waren [getroffen zu werden], weil sie israelischen Schüssen ausgesetzt waren”. Überlebende aus dem Kibbuz Be’eri berichteten, dass nach stundenlangen Schusswechseln zwischen palästinensischen Kämpfern und israelischer Armee ein israelischer Panzer das Haus beschoss, in dem sich die Kämpfer mit Bewohner*innen des Kibbuz verschanzt hatten. Dabei wurden 13 Israelis getötet, darunter Kinder.

Bilder und Videos zeigen das Ausmaß der Zerstörung in den Kibbuzim und deuten auf weitere Fälle von Panzer-, Artillerie- und Raketenbeschuss auf die Häuser hin. Hochrangige Militärangehörige gaben in israelischen Medien zu, dass es an Informationen mangelte und aus Kampfhubschraubern auf Menschen geschossen wurde, ohne zu wissen, wer getroffen wurde.

Ein weiterer Punkt, der Fragen aufwirft, ist die anfängliche Zahl der getöteten Israelis, die zunächst mit 1.400 angegeben wurde und später auf 1.200 korrigiert wurde, da 200 verbrannte und teilweise misshandelte Leichen fälschlicherweise für Israelis gehalten wurden, obwohl es Palästinenser waren. Da es keine unabhängige Untersuchung gibt, ist es nicht möglich zu sagen, wie viele Menschen insgesamt auf israelischer Seite durch israelischen Beschuss getötet oder verletzt wurden.

Die Baby-Story

Eine der am weitesten verbreiteten Falschmeldungen ist die Geschichte von den 40 enthaupteten Babys. Bereits am 12. Oktober gab die israelische Regierung gegenüber CNN zu, dass sie die Geschichte über die Babys nicht bestätigen könne. Obwohl mehrmals betont wurde, keine Informationen zur Bestätigung dieser Geschichte zu haben, wurde sie weiterhin durch israelische Armeesprecher verbreitet. Die offiziellen Angaben der israelischen Regierung sind widersprüchlich und unklar. Als die französische Tageszeitung Le Monde die israelische Botschaft in Frankreich kontaktierte, um die Berichte über die Babys zu hinterfragen, wurden die entsprechenden Tweets gelöscht mit dem Hinweis „auf Ungenauigkeit“. Zugleich hob die Botschaft hervor, dass „die ersten Stunden und Tage [nach dem 7. Oktober] von erheblichem Chaos und großer Ungewissheit geprägt waren, selbst bei den Informationen, die die offiziellen Kanäle erreichten.“

Die pro-israelische Berichterstattung stützt sich oft auf einen Artikel der israelischen i24News. Was jedoch nicht erwähnt wird, ist, dass der Artikel am 30. November korrigiert und die Informationen über die 40 Babys entfernt wurden. Die ursprünglichen Angaben stammten überwiegend von Soldaten oder Mitarbeitern der zionistischen Such- und Rettungsorganisationen ZAKA und United Hatzalah. In einem öffentlichen Treffen mit ZAKA-Mitgliedern am 23. November 2023 betonte Netanyahu die wichtige Rolle dieser Organisationen bei der Verbreitung israelischer Propaganda in der Weltöffentlichkeit sowie die Beeinflussung der Meinung von politischen Führern. Am 4. Dezember veröffentlichte Haaretz einen Artikel, der die widersprüchlichen und falschen Angaben dieser Organisationen aufdeckte und die Geschichte der 40 Babys als Lügengeschichte entlarvte.

Vorwurf der systematischen Vergewaltigung

Eine weitere Lügengeschichte, die von Israel verbreitet und von den deutschen Medien unkritisch aufgegriffen wird, ist der angebliche systematische Einsatz sexualisierter Gewalt gegen Frauen und Vergewaltigung als Waffe. Die unabhängige Untersuchungskommission der UN für die illegal besetzten palästinensischen Gebiete, die Menschenrechts- und Kriegsverbrechen untersucht, bot Israel unmittelbar nach dem 7.Oktober Israel eine Untersuchung an, die jedoch abgelehnt wurde. Trotz dieser Ablehnung wirft die israelische Regierung der UN und anderen internationalen Organisationen heute vor, die Vorwürfe sexualisierter Gewalt zu ignorieren.

Häufig stützen sich die Medien auf einen Artikel der New York Times von Ende Dezember 2023, in dem die Vorwürfe erhoben und verbreitet wurden. Bis heute verbreiten vor allem westliche Politiker wie Baerbock, Biden oder Harris diese Anschuldigungen und behaupten, Beweise dafür mit eigenen Augen gesehen zu haben.

Diese Beweise wurden jedoch nicht erbracht, viele Zeugenaussagen wurden nachträglich als falsch widerlegt, und es wurde kritisiert, dass viele der sogenannten Zeugen bereits zuvor durch Falschaussagen aufgefallen sind. Zudem stützen sich die Vorwürfe nicht auf forensische Beweise, die im Rahmen einer unabhängigen Untersuchung überprüft werden könnten – eine Untersuchung, die jedoch von Israel abgelehnt wird. In einem im Mai 2024 veröffentlichten Statement der Organisation Physicans for Human Rights Israel wird dargelegt, dass einige Zeugenaussagen umstritten und nicht verifizierbar sind. Auch wird festgestellt, dass die israelische Regierung Berichte über sexualisierte Gewalt in einer manipulativen Art und Weise instrumentalisiert.

Einerseits fehlt es an einer unabhängigen Untersuchung dieser Vorwürfe, da Israel diese blockiert, andererseits bestehen erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugenaussagen, die diese Anschuldigungen stützen. Gleichzeitig ist der Einsatz sexualisierter Gewalt und der systematische Einsatz von Vergewaltigung als Waffe durch israelische Soldaten gegen Palästinenser bereits vor dem 7. Oktober mehrfach dokumentiert worden.

Im Jahr 2015 veröffentlichte die israelische Menschenrechtsorganisation Public Committee Against Torture in Israel die Ergebnisse einer Untersuchung aus den Jahren 2005 bis 2012. Die Ergebnisse zeigten, dass der Einsatz sexualisierter Gewalt gegen palästinensische Gefangene einer Systematik folgt. Am 5. August in diesem Jahr veröffentlichte die UN einen Bericht der Sonderberichterstatter in den besetzten palästinensischen Gebieten. Der Bericht wirft Israel massive und systematische Menschenrechtsverletzungen an palästinensischen Gefangenen vor, unter anderem durch den Einsatz sexualisierter Gewalt.

Die von israelischen Soldaten durchgeführte und dokumentierte Gruppenvergewaltigung eines palästinensischen Gefangenen im Gefängnis Sde-Teiman ist dabei laut UN-Bericht nur die Spitze des Eisbergs. Dass diese bestialische und unmenschliche Gruppenvergewaltigung von dem israelischen Minister für nationale Sicherheit (Ben-Gvir) verteidigt und glorifiziert wurde, verdeutlicht die Systematik hinter der israelischen Politik, sexualisierte Gewalt gegen Palästinenser auszuüben. Ben-Gvir hatte, nachdem die beteiligten Soldaten im Gefängnis von der Militärpolizei unter Arrest gestellt wurden, mit einem rechten Mob das Gefängnis gestürmt und versucht die Vergewaltiger zu befreien. m 18. August veröffentlichte das israelische Institut für nationale Sicherheitsstudien die Ergebnisse einer Umfrage, in der unter anderem nach den Konsequenzen für die Vergewaltiger gefragt wurde. Zwei Drittel der Befragten, also 65 %, sprachen sich gegen Strafen für die Vergewaltiger aus. Stattdessen wurden diese von Würdenträgern geehrt und traten mehrfach im israelischen Fernsehen auf. Dieses schockierende Ergebnis spiegelt die weit verbreitete politische Haltung in Israel wider, die Palästinenser als minderwertig ansieht, gegen die jede Form von Gewalt legitim erscheint.

Die deutschen Medien berichten über diesen systematischen Einsatz sexualisierter Gewalt gegen Palästinenser entweder gar nicht oder deutlich weniger als über die bereits widerlegten Lügengeschichten vom 7. Oktober. Die Rolle der Medien besteht somit einerseits darin, die Palästinenser als die Bösen und Israel als die Guten darzustellen, was gleichzeitig eine Rechtfertigung für Menschenrechts- und Kriegsverbrechen an den Palästinensern liefert. Andererseits wird über die bereits vor dem 7. Oktober begangenen Menschenrechts- und Kriegsverbrechen an den Palästinensern systematisch geschwiegen oder nur am Rande berichtet.

Es wird deutlich, dass die israelische Armee all diese Lügengeschichten benötigt, um ihren brutalen Genozid an den Palästinensern zu rechtfertigen. Dass deutsche Medien diese Lügen einerseits unkritisch reproduzieren und andererseits über die Zehntausenden getöteten Kinder in Gaza kaum berichten, verdeutlicht einmal mehr die Rolle der deutschen Medien beim Genozid in Gaza.

Es liegt daher auch in der Verantwortung der Leser, die von den Medien verbreiteten Nachrichten über Palästina stets kritisch zu hinterfragen und sich stattdessen umfassend aus unabhängigen Quellen zu informieren.

Gaza – der tödlichste Ort für Journalisten weltweit

Aktionswoche „Es begann nicht am 7. Oktober“ des Kufiya-Netzwerks

PDF

In den vergangenen neun Monaten wurden in Palästina mehr als 100 Journalisten durch die israelische Armee getötet. Der israelische Genozid in Gaza und den besetzten palästinensischen Gebieten stellt laut dem Committee to Protect Journalists (CPJ) die tödlichste Angriffsserie auf Journalisten seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1992 dar.

Die zunehmende Zerstörung der Infrastruktur und die katastrophale humanitäre Lage erschweren eine genaue Erfassung der Opferzahlen. Doch bereits jetzt ist klar, dass mit 116 laut CPJ oder sogar 140 getöteten Journalisten, wie das Palestinian Journalist Syndicate (PSJ) angibt, mindestens 10 Prozent der palästinensischen Medienschaffenden ausgelöscht wurden

Gezielte Tötungen und systematische Zerstörung

Das CPJ untersucht derzeit über 130 Fälle mutmaßlicher Tötungen. Insgesamt laufen Untersuchungen zu mehr als 500 israelischen Angriffen auf palästinensische Journalisten. Diese umfassen 35 Verletzte, 2 Vermisste, 54 Verhaftungen – davon sind 36 Journalisten weiterhin inhaftiert – sowie Drohungen, Körperverletzung, Cyberangriffe, Zensur und die Ermordung von Familienmitgliedern. Mindestens fünf der dokumentierten Todesfälle durch das CPJ waren gezielte Tötungen.

Reporter ohne Grenzen dokumentierte in mindestens 29 Fällen Verstöße gegen internationales Recht und hat bereits drei Klagen beim Internationalen Strafgerichtshof eingereicht, um Israels Vorgehen gegen palästinensische Journalisten zu ahnden.

Israel weist jede Verantwortung für gezielte Tötungen zurück. Oft rechtfertigt die israelische Seite das Töten von Medienschaffenden mit Terrorismusvorwürfen, wie im Fall der beiden Al-Jazeera-Journalisten al-Ghoul und al-Refee, die während ihrer Berichterstattung im Shati-Flüchtlingslager getötet wurden. Das israelische Militär behauptet, sie seien Mitglieder der Al-Qassam-Brigaden der Hamas gewesen. Irene Khan, UN-Sonderberichterstatterin für Meinungsfreiheit, wies diese Anschuldigungen jedoch entschieden zurück und betonte, dass Israel keine ausreichenden Beweise für eine Verbindung zwischen den Journalisten und militanten Gruppen vorgelegt habe.

Auch die Zerstörung journalistischer Infrastruktur wird systematisch vorangetrieben, wie Aufnahmen von Agence-France-Presse und Press House zeigen. Bisher wurden 73 Medienhäuser vollständig oder teilweise zerstört.

Ein altbekanntes Muster

Die gezielte Tötung von Journalisten durch die israelische Besatzungsmacht ist Teil eines langjährigen, gut dokumentierten Musters. Laut CPJ wurden in den letzten 22 Jahren mindestens 20 Journalisten gezielt von Israel getötet – ohne jegliche strafrechtlichen Konsequenzen. Stattdessen herrscht ein „Ermittlungstheater“, wie Hagai El-Ad von der israelischen Menschenrechtsorganisation B’Tselem es nennt: Das Militär erklärt, die Truppen hätten in Angst gehandelt oder seien angegriffen worden, und der Fall wird intern abgehandelt. Terrorismusvorwürfe sind ein ständiges Thema, Zeugenaussagen werden systematisch als unzuverlässig abgetan, und letztlich enden die seltenen Prozesse stets mit Freisprüchen.

Auch die absichtliche Zerstörung von Medieninfrastruktur ist nichts Neues. Allein im Jahr 2021 zerstörte Israel 20 Medienbüros in Palästina.

Verwechslung ausgeschlossen

Das häufig vorgebrachte Argument des israelischen Militärs, man habe nicht gewusst, dass es sich bei den Zielen um Journalisten handelte, ist laut Carlos Martínez de la Serna vom CPJ unhaltbar: Israel habe vollständige Kenntnis über Gaza. Schon lange vor dem Angriff im Oktober 2023 wurde das Gebiet durch Drohnen intensiv überwacht und ausgeforscht. Asa Kasher, der 1994 den ethischen Verhaltenskodex des israelischen Militärs verfasste, betont: „Wenn ein Journalist eine klare Pressemarkierung trägt, ist dies für Drohnenpiloten zweifelsfrei erkennbar.“ Diese Aussage wurde bereits von drei Drohnenpiloten bestätigt.

Das Schweigen der deutschen Medien

Wie schon bei vielen anderen Gräueltaten, die Israel im vergangenen Jahr an der palästinensischen Bevölkerung verübte, schwiegen große Teile der deutschen Medienlandschaft auch zur beispiellosen Ermordung ihrer eigenen Kollegen. Deutsche Medien beteiligten sich weder an einem offenen Brief von über 70 Medienorganisationen, die internationalen Zugang zu Gaza forderten, noch an einem Brief europäischer Medienorganisationen, in dem Josep Borrell, der Vizepräsident der Europäischen Kommission, aufgefordert wurde, Journalisten in Gaza zu schützen. Einige deutsche Medien gingen sogar weiter und diffamierten die getöteten Journalisten. So konnte man im Liveblog der Tagesschau zur Tötung von al-Ghoul und al-Refee lesen: „Israel: Getöteter Journalist war Hamas-Kämpfer.“

Selbst in den wenigen Medien, die positive Ausnahmen darstellten, wie etwa die Solidaritätsbekundungen von SPIEGEL, taz und Süddeutscher Zeitung oder die Teilnahme von SPIEGEL und ZDF am „Gaza Project“, überwog das Schweigen. Oft wurden unkritisch Berichte der dpa übernommen, die sich ausschließlich auf israelische Behördeninformationen stützten. Hoffnung gibt jedoch eine neue Initiative deutscher Journalist, die sich für Pressefreiheit im Gaza-Krieg stark machen.

Ob ihre Forderungen, wie „Keine ungeprüfte Übernahme von Darstellungen von Kriegsparteien! Stattdessen: Quellenvielfalt, Einbettung in den historischen und politischen Kontext, Zusammenarbeit auf Augenhöhe mit palästinensischem Journalisten“, durchgesetzt werden, bleibt abzuwarten.

The history of Palestine did not begin on October 7, 2023!

PDF

The history of Palestine did not begin on October 7, 2023!
Prior to October 7, there were more than 100 years of Zionist settler colonialism in Palestine, 56 years of Israeli occupation of the Gaza Strip, 16 years of a brutal blockade against Gaza, and repeated bombings since 2008.
Western media, in particular, often ignore this context and spread the propaganda of the Israeli occupation. The expulsion and massacres that the occupying power Israel has inflicted on the Palestinian people since the Nakba of 1948 have reached their highest level of escalation since October 7. This approach demonstrates that the settler-colonial state of Israel aims for the eradication of the Palestinian people.
Israel has killed at least 40,000 people through bombings and approximately 200,000 through hunger, diseases, and lack of medical care due to the genocidal blockade.
At the same time, a propaganda war has been launched: The historical context of October 7 is being ignored, and long-debunked lies about atrocities committed by Palestinian fighters are being spread to dehumanize Palestinians, delegitimize their resistance, and ultimately justify the genocide in Gaza.
Germany supports this genocide through its foreign and domestic policies. Externally, this complicity is manifested in arms deliveries and political support for Israel.
Domestically, Germany is conducting a massive repression campaign against Palestine solidarity protests and organizations. Arrests, police violence, state surveillance, political dismissals, house searches, the banning of organizations, the freezing of bank accounts, repression at universities, and uniform media reporting are glaring expressions of the colonial continuity of the German state and societal institutions.
We cannot stand by idly during a genocide and will not participate in it. The Israeli occupation is destroying all educational institutions, hospitals, residential areas, and any infrastructure that serves as a basis for the Palestinians’ livelihood. Its goal
is the annihilation of Gaza and the extermination
of the Palestinian people.
We, the Kufiya Netzwerk, call on Palestinian groups and Palestine solidarity groups and structures across Germany to take to the streets and organize actions during the week of September 30, 2024, through October 7, 2024.
We will focus on placing October 7, 2023, in its historical context and highlighting the misleading role of German media. We oppose the spread of misinformation and the relativization of Israeli war crimes by German media and politics. For the action week, we will provide various informational materials and suggest action ideas as we urge all solidarity groups and individuals to join us!
As a broad and united movement, we stand against genocide, for an end to the occupation, and for a free Palestine.